Staatliche Industriepolitik
Begründungen, Instrumente und Probleme

Nach Aussage des Verfassers ist es das Ziel der Arbeit zu klären, 'was im einzelnen unter dem Begriff Industriepolitik zu verstehen ist, welche Elemente diese Art der Wirtschaftspolitik im einzelnen umfaßt und wie sie aus ordnungspolitischer Sicht zu beurteilen ist'. Als Arbeitsbegriff wird Industriepolitik definiert als 'ein Teilbereich der Wirtschaftspolitik, der die bewußte und geplante Formulierung von Zielen sowie die zielgerichtete Entwicklung und den zielgerichteten Einsatz von Methoden durch die Träger der Wirtschaftspolitik beinhaltet, wobei sie im industriellen Bereich der Wirtschaft einer Region den Ablauf des Wirtschaftsgeschehens zu ordnen, zu beeinflussen bzw. unmittelbar festzulegen sucht und eines der zentralen Zwischenziele die Einwirkung auf den Strukturwandel ist'. Diese ziemlich umständliche und unpräzise Definition schafft eine enorme Spannweite dessen, was unter Industriepolitik verstanden werden soll und läßt die Spezifika dieses Politikbereichs weitgehend außer Betracht.
Als industriepolitische Oberziele werden sicherheitspolitische, sozialpolitische, beschäftigungspolitische und wachstumspolitische Ziele angeführt. Schon hier zeigt sich die Schwäche der außerordentlich weiten Definition von angeblicher Industriepolitik; denn bisher wurde diese kaum jemals mit verteidigungsmäßigen Militäraufgaben begründet. Fraglich ist auch, ob bei dem aufgezeigten 'Ziel einer möglichst hohen Beschäftigung [...] vor allem die Einkommenssicherheit für Arbeitskräfte im Vordergrund [steht]'. In der Regel vermeiden nämlich die wirtschaftspolitischen Entscheidungsträger Zielformulierungen, die lediglich auf den Erhalt von Arbeitsplätzen und auf Einkommenssicherung sowohl für Arbeitgeber als auch für Arbeitnehmer gerichtet sind. Meist operieren sie mit ordnungspolitisch weniger dubiosen Zielsetzungen, indem sie z.B. die Förderung notwendiger Strukturanpassungen zum Ziel deklarieren.

Zur Erreichung der aufgezeigten Ziele werden dialogorientierte, wettbewerbspolitische, außenhandelspolitische sowie technologiepolitische Instrumente dargestellt und deren Wirkungsweise analysiert. Dabei wird deutlich, daß vom Einsatz der industriepolitischen Instrumente beachtliche negative Nebenwirkungen ausgehen können, die häufig bei der Entscheidungsfindung in der wirtschaftspolitischen Praxis nicht ausreichend berücksichtigt werden.
Auf der Basis einer zusammenfassenden Beurteilung der Industriepolitik im Sinne der ursprünglich sehr weiten Fassung dieses Politikbereichs leitet der Verfasser als Handlungsempfehlung einige zentrale Grundsätze einer marktkonformen Industriepolitik ab. So soll als übergeordneter Grundsatz wirtschaftspolitischer Entscheidungen 'das Primat privat- und marktwirtschaftlicher Entscheidungsprozesse' gelten, was in einer marktwirtschaftlich orientierten Wirtschaftsordnung eigentlich ebenso selbstverständlich ist wie der Grundsatz der Offenheit der Gütermärkte. Sicherlich ist es auch zum weitestmöglichen Erhalt der Marktkonformität wünschenswert, indirekte den direkten sowie neutrale den selektiven bzw. regulierenden Instrumenten vorzuziehen. Ferner wird empfohlen, daß sich die Industriepolitik am Grundsatz der Subsidiarität orientieren, einen ökonomischen Systemwettbewerb zwischen Gebietskörperschaften akzeptieren und die Öffentlichkeit über ökonomische Sachzusammenhänge besser aufklären soll. Sicherlich sind die vorgenannten allgemeinen Grundsätze für eine marktkonforme Industriepolitik wünschenswert und eigentlich unentbehrlich, was kaum ein sachkundiger Wirtschaftswissenschaftler bestreiten wird. Interessanter wäre es gewesen, den Ursachen - insbesondere den wahlopportunistischen Überlegungen der Industriepolitiker - nachzugehen, warum die heute praktizierte Industriepolitik weitgehend marktkonform ist.