König David
Eine Biographie

David ist eine biblische Gestalt, für die Darstellung seines Lebens ist daher jeder auf die Schriften der Bibel angewiesen. Die Geschichten von David finden sich in den beiden Samuelbüchern. Nun ist seit langem erkannt, daß es sich bei diesen Büchern nicht um Geschichtsschreibung handelt, die um eine objektive Darstellung bemüht ist. Vielmehr fließt das Urteil der Verfasser in die Darstellung mit ein. David erscheint somit in der Wertung seiner Biographen. An diesem Punkt setzt der Verfasser des Buches insofern ein, als er eine neue Biographie Davids vorlegen möchte. Allerdings ist der Untertitel etwas irreführend. Kann es sich doch nicht um eine neue Biographie dieser Gestalt handeln, sondern immer nur um eine Kritik der bisherigen Wertung und um eine Neubewertung der Quellen. Das Buch bietet somit im Wesentlichen eine Analyse der biblischen Quellen unter Heranziehung aller Erkenntnisse der bisherigen Bibelkritik. Fachleuten bietet das Buch darum weniger Neues, denen mit der Bibelkritik bisher nicht Vertrauten gibt es eine umfassende Einführung in den Umgang mit biblischen Erzählungen in der alttestamentlichen Wissenschaft.
Ausgangspunkt des Verfassers ist die Erkenntnis, daß es sich bei den Erzählungen über David um eine apologetisch geprägte Darstellung handelt, was jede Neuerzählung durchbrechen müßte. Der Verfasser benutzt dazu zwei grundlegende Methoden: Die Skepsis und die Analogie. An einigen Stellen kommt eine Neubewertung durch die Qumran-Fragmente der Samuelbücher hinzu. Dabei kommt McKenzie insofern zu einem neuen Bild dieser Gestalt, als er damit rechnet, daß David an allen Todesfällen in seiner Umgebung beteiligt war und seinen Aufstieg zum König über Juda und Israel bewußt geplant hat. Allerdings erklärt er nicht, warum er sich auf einige Texte stützt, während er andere unberücksichtigt laßt. Auch arbeitet er mit Erkenntnissen, die zwar richtig sein mögen, aber nicht näher begründet werden. So wird Nabal aus 1. Samuel unter der Hand zum Stammesfürsten, ohne daß diese Funktion im Text erwähnt wird. Oder Bathseba wird eine Eifersucht auf Abisag von Sunem angedichtet, die so nicht im Text zum Ausdruck gebracht wird. Das neue Bild, das der Verfasser von David entwirft, mag der historischen Gestalt näher kommen. Er kennzeichnet anders als seine Quellen David als skrupellos und gewalttätig, der sein Ziel immer fest vor Augen hatte und rücksichtslos verfolgte, doch kam er nicht umhin, David auch Fähigkeiten und besondere Qualitäten zuzusprechen. Anders sind Aufstieg und seine Wirkung auf Frauen nicht zu erklären. Auch wenn der historische David nicht durch eine Analyse der Erzählungen zu erreichen ist, so bleibt doch die Stellung der Gestalt in der Geschichte Israels unangefochten. Der Verfasser kennzeichnet David mit Recht als ersten wahren König in Juda und Israel, während Saul eher als Stammesfürst zu charakterisieren ist. Die Gründe dafür werden explizit genannt: Die Einrichtung einer stehenden Truppe und einer ständigen Verwaltung. So wird die Bedeutung dieses Königs zu Beginn der Geschichte Israels nicht verkleinert, sondern erst richtig herausgestellt, wie der Verfasser es überhaupt versteht, seine Erkenntnisse in positive Bewertungen umzusetzen.
Der Verfasser - Professor für Religiöse Studien in den U.S.A. - erweist sich als mit seinen Texten und dem Stand der Forschung vertraut, welcher in den Anmerkungen vermittelt wird. Die umfangreiche Literatur wurde ausgiebig benutzt, allerdings kommt der deutsche Anteil der Quellenforschung etwas kurz. Die Übersetzung aus dem Englischen weist keine groben Fehler auf. Dem Buch sind viele kritische Leser zu wünschen.