Archäologische Denkmäler zwischen Weser und Ems

Ein doppeltes Vereinsjubiläum zu feiern - 150 Jahre Oldenburger Landesverein für Geschichte, Natur- und Heimatkunde e.V. sowie Staatliches Museum für Naturkunde und Vorgeschichte Oldenburg - hat 18 Fachwissenschaftler einen umfangreichen Geschichtsführer erstellen lassen, der das Gebiet zwischen 'Weser und Ems von den Anfängen bis in das 12. Jahrhundert' n.Chr. (S. 14) archäologisch präsentiert.
Die Publikation widmet sich zum einen im Rahmen einer Übersicht der Geologie, Botanik, Historie und Kultur der Weser-Ems-Region (S. 15-181), zum anderen als Führer den noch erkennbaren, archäologischen Hinterlassenschaften und den Museen, nach Landkreisen gegliedert, zur Besichtigung einladend (S. 183-486).
Das Gebiet - sicher durch Kalkriese, dem Ort der Varusschlacht, am besten bekannt - ist reich an Großstein- und Hügelgräbern, aber auch an mittelalterlichen Burg- und Klosteranlagen. Letztere stehen im Folgenden im Mittelpunkt der Betrachtung, denen sich insgesamt vier Beiträge des Sammelbandes widmen. Diese sind in sich geschlossen abgefaßt, nehmen jedoch rege Bezug auf weitere, thematisch verwandte Artikel im Buch sowie über Randnummern auf die weiter unten getrennt vorgestellten Lokalitäten.
In allen Artikeln deutlich erkennbar ist eine Zäsur zwischen sächsischem Binnenland und friesischem Küstengebiet, die sich historisch (durch die spätere fränkische Unterwerfung der Friesen), ökonomisch (Ackerbau versus Küstenhandel) und religiös (beigabenlose Bestattungen im Binnenland in der Zeit des 8. Jhs., im Küstengebiet erst 100 Jahre später) leicht nachzeichnen läßt. Neben Christianisierung und Bestattungssitten (P. Schmid) werden ausführlich Siedlungswesen (E. Strahl) und Burgen- (W. Schlüter) sowie Deichbau (J. Ey) vorgestellt.
Die Eroberung des Weser-Ems-Landes durch die Franken zwischen dem achten und neunten Jahrhundert, womit das Christentum endgültig Einzug hält, läßt sich archäologisch mit der Errichtung von Steinkirchen fassen (im 8. Jh. im sächsischen Gebiet, im 11./12. Jh. im engeren Küstengebiet). Ländliche Siedlungen sind obertägig nicht mehr zu sehen, nimmt man Wurten (künstlich aufgetragene Erhöhungen) einmal aus, zudem meist lediglich in Rettungsaktionen und kleinteilig ergraben. Nur rund 80 Fundstellen des frühen und hohen Mittelalters sind publiziert, die vor allem die Siedlungsgeschichte der Marschen rekonstruieren helfen: Im frühen Mittelalter werden durch die einwandernden Friesen neue Siedlungen auf ebener Erde oder auf älteren Wurten angelegt. Durch Sturmfluten verursacht, erfolgt im siebenten Jahrhundert eine Erhöhung der meisten Siedlungsplätze, die im elften Jahrhundert zusätzlich durch Deiche geschützt werden. Im Binnenland läßt sich um 1000 n.Chr. mit der Einführung der 'Plaggenwirtschaft' (S. 37) eine zunehmende Ortskonstanz feststellen: Da durch die Düngung der Böden der Feldertrag gleichbleibend gut blieb, wurde es unnötig, die Ortschaften zur Erschließung neuer Anbaugebiete zu verlegen. Die Burgen des frühen Mittelalters können hinsichtlich ihrer Größe und Lage in erster Linie als sächsische 'Zentren der lokalen Administration oder als Mittel zur intensiven Raumerfassung' (S. 146) angesprochen werden, während sie im Hochmittelalter Adelsgeschlechtern als Wohnung dienten.
Auf diese Art werden, aus erster Hand zumeist von Mitarbeitern der Landesdenkmalämter, Möglichkeiten (und Grenzen) der modernen Archäologie aufgezeigt. Sich diese Ergebnisse vor Ort anzuschauen, lädt dieser Band ein: An einem Wochenende kann man leicht den ausführlichen und detaillierten Beschreibungen zu archäologischen Denkmälern folgen und so ein Stück Geschichte für sich selbst erfahrbar machen.