Gesamtansicht Rezensionen

Das Buch ist eine der nachhaltigsten Kulturleistungen der Menschheit. Und trotz Audio- und Videoangeboten oder des verstärkten Aufkommens digitaler Medien hat das gedruckte Werk nichts von seiner zivilisatorischen Bedeutung eingebüßt. Es gibt einen Rückgang im Umsatz verkaufter Exemplare, doch greift er nicht die gesellschaftliche Akzeptanz des Buches als solches an, sondern seine Vermarktung. Dass dies Auswirkungen auf den Buchmarkt hat und zu massiven Einschnitten in der Vielfalt und Ausrichtung der verlegerisch Tätigen führt, wird eine Konsequenz sein – die vor allem dadurch verzerrt ist, da politisch durch die Forderung nach open access und Digitalisaten das Zusammenspiel zwischen Verkäufer und Käufer von Druckwerken zum Nachteil von Verlagen und anderen Anbietern massiv beeinträchtigt wurde. …

Nicht minder facettenreich wie die Antike ist das Mittelalter. Was es nachhaltig prägte, stellt Josef Fleckenstein, langjähriger Direktor der Abteilung Mittelalter des Göttinger Max-Planck-Instituts für Geschichte, unter Mitwirkung des Mittelalterhistorikers Thomas Zotz in Rittertum und ritterliche Welt vor.
Die „Vorstufen des Rittertums“ (S. 25-60) liegen im vorzeitlichen Kriegertum, das Fleckenstein nur kurz streift. Erst die Bauernkrieger, die im Zuge europäischer Reichsgründungen aufkamen, zeigen deutlichere Konturen frühen Rittertums. Doch „die bestimmende und folgenreiche Entscheidung, die den Weg zum Rittertum eröffnet hat“, setzt im Regnum Francorum ein, dem „Wurzelgrund Europas“ (S. 29). …

Ethik erzeugt Suchbewegung, gerade in Zeiten des Wertewandels und Werteverfalls. Sie hat sich dabei in Fachwissenschaften wie Medizin-, Rechts-, Tier- oder Technikethik verästelt. Nicht minder von Bedeutung ist die Ethik des Wirtschaftens. Nils Ole Oermann, Professor für Ethik mit Schwerpunkt Nachhaltigkeit und nachhaltiges Wirtschaften an der Leuphana Universität Lüneburg stellt in Wirtschaftsethik ihre Grundpositionen und Konzepte vor.
Grenzziehungen sind schwierig, schon der Begriff Wirtschaftsethik ist problematisch: „Dass es fast so viele Wirtschaftsethiken gibt wie Ethiken […], nährt den Verdacht, hinter so vielen individuellen Angeboten gäbe es gar keine allgemeine Wirtschaftsethik“ (S. 21 f.). …

Als Chronist verstand sich der Romancier und Erzähler Walter Kempowski (1929-2007) nicht, obwohl sein schriftstellerisches Gesamtwerk in weiten Teilen als „Deutsche Chronik“ angelegt war. Über norddeutsche Bürgerlichkeit und individuelle Nachkriegsschicksale zu erzählen, war ihm wichtig. Auch das Sammeln von Dokumenten und Tagebüchern für ein Kalendarium des Zweiten Weltkriegs wurde zu einem Lebensthema. Den Zweiten Weltkrieg habe er nun aber endgültig satt, erklärte er 2003 öffentlich. Alles umsonst, Kempowskis letzter Roman, greift ihn aber wieder auf – ein letztes Mal. …

Ethik gehört zum Leben und zum Alltag. Sie speist sich aus verschiedenen Quellen und setzt als Disziplin der Philosophie Wertmaßstäbe. Otfried Höffe, Philosoph mit Forschungsschwerpunkt der Philosophie Immanuel Kants, umreißt mit Ethik, eine Einführung Grundmodelle, Fragen und Kontroversen.
Offenbar ist nur der Mensch zur Ethik fähig. Dieses zur Moral berufene biologische Multitalent lässt sich aber auch „ironisch als einen Affen definieren [...], der gelegentlich wie Gott sein will“ (S. 13). Doch schon nach Ende dieser anthropologischen Klärungen und der Beschreibung einer normativen Ethik, die sich „von der Idee eines moralisch guten und gerechten Lebens“ (S. 26) leiten lässt, ersetzt Höffe die Schwimmflügel durch die Bleiweste …

Iris von Bredow setzt in ihrem Buch Kontaktzone Vorderer Orient und Ägypten kommunikationswissenschaftliche, soziokulturelle sowie soziotechnologische Methoden und Theorien ein, um die Strukturen und Zeiträume intensiven Kulturtransfers zwischen Griechen im Osten mit den dort ansässigen Zivilisationen zu untersuchen und abzubilden. Um das umfangreiche Material dieses Ost-West-Kontakts beherrschbar zu machen, schränkt die Verfasserin ihre Untersuchungen auf das 10.-6. Jahrhundert vor Christus ein - denn das „10. Jh. liefert die ersten archäologischen Beweise für solche Kontakte und im 6. Jh. veränderten sich die Kontaktsituationen durch die persische Eroberung Syriens und Ägyptens grundlegend“ (S. 11) …

Patrick Süskinds Novelle handelt vom Kampf auf den 64 Feldern des Schachbretts. Wie auch bei früheren Veröffentlichungen Süskinds wird vorliegendes Bändchen wieder mit Abbildungen des französischen Zeichners Sempé komplettiert.
Süskinds Thema, Schach als Gelegenheit des Kräftemessens zwischen gegensätzlichen, gar feindlichen Seiten, scheint dem realen Leben entnommen: Bei der Schachweltmeisterschaft 1972 spielten Bobby Fischer und Boris Spasski, also die Weltmächte USA und UdSSR gegeneinander. …

Neben wöchentlichen Kolumnen, die der Journalist Sebastian Haffner (1907-1999) für die Die Welt, später für das Hamburger Magazin stern ablieferte, wurden Buchveröffentlichungen zur deutschen Geschichte im zwanzigsten Jahrhundert Themenschwerpunkt seiner Arbeit. Haffners Anmerkungen zu Hitler, 1978 erstmalig im Kindler Verlag veröffentlicht, sind nun bei Rowohlt neu erschienen.
Haffner bündelt mit den Teilen „Leben“, „Leistungen“ und „Erfolge“ Hitlers Vorgeschichte und die ersten sechs Reichskanzlerjahre (S. 7-87), um mit der Klimax „Irrtümer“, „Fehler“, „Verbrechen“ und „Verrat“ abzuschließen (S. 88-190). Der Mensch Hitler interessiert Haffner dabei kaum.
Vom Leben im nationalsozialistischen Deutschland angewidert, fühlte sich Raimund Pretzel, der sich im englischen Exil Sebastian Haffner nannte, heimatlos und entwurzelt. …

Maxi Schreiber hat mir ihrer Dissertation Altägyptische Architektur und ihre Rezeption in der Moderne eine umfangreich recherchierte Analyse zur Verwendung altägyptischer Bauformen in Bauten, die zwischen 1900 bis 1933 in Deutschland entstanden, vorgelegt. Ihre Forschungsergebnisse hat sie hierfür in drei Hauptteile aufgetrennt: 1. eine kulturgeschichtliche Betrachtung auf Bauwerke und Denkmäler, die altägyptische Elemente aus der Grab- und Tempelarchitektur des alten Ägypten imitieren (S. 20-57); 2. Darstellung und allgemeine Bewertung altägyptischer Kunst und Architektur in Kunstgeschichte sowie Architekturtheorie, weiterführend das alte Ägypten als Thema der Bauforschung und Architekturkritik nebst ausgewählten Reiseberichten des Architekten Julius Meier-Graefe sowie des Architekturkritikers Werner Gegemann …

Vor nunmehr zehn Jahren initiierte die Wissenschaftliche Buchgesellschaft die Reihe WBG Weltgeschichte in sechs Bänden. Nach einer Durchsicht 2015 liegt nun diese zweite, verbesserte Auflage in insgesamt drei Sammelwerken neu zusammengestellt vor. Ausgabe 1 beschäftigt sich mit dem Beginn der Zivilisationen bis 600 n. Chr.; der zweite Teil greift die Zeiten zwischen 600 bis 1800 auf, und der dritte Band …