Gesamtansicht Rezensionen
“Sagen entstehen primär aus dem Bedürfnis, die Welt zu erklären; in ihrer inhaltlichen Ausgestaltung aber spiegelt sich die Mentalität und die Weltsicht des Individuums wieder, das seinerseits durch die Einflüsse und Bedingungen der es umgebenden Welt geprägt ist.” Petzoldts Einführung hat sich als ein Standardwerk der Sagenforschung im engeren...
Vor allem in postkolonialen Literaturen ist seit geraumer Zeit eine verstärkte Auseinandersetzung mit dem kulturellen Erbe sowie eine zunehmend kritische Reflexion der Möglichkeiten retrospektiver Sinnbildung zu verzeichnen. Obgleich das Thema Geschichtsaneignung und seine Bedeutung für die Konstitution selbstbestimmter Identitäten zu den zentralen Fragen der Literatur- und Kulturwissenschaft gehören, mangelt es bislang an Studien, die sich systematisch mit Besonderheiten und Funktionen der Vergangenheitsdarstellung in postkolonialen Romanen auseinandersetzen ...
Der XXVI. Deutsche Romanistentag, der im Herbst 1999 in Osnabrück stattfand, sollte, so das ambitionierte Tagungsmotto, “Geschichte und Auftrag” der deutschen Romanistik erkunden. Seit den Anfängen dieser Romanistik am Beginn des 19. Jahrhunderts ist das Provenzalische bzw., in neuerer Terminologie, das Okzitanische eines ihrer vornehmsten Arbeitsgebiete. Insofern hat sich Angelica Rieger, die Herausgeberin der hier zu rezensierenden Publikation, große Verdienste dadurch erworben, daß sie einen großen Teil derjenigen deutschen Forscher(-innen), die gegenwärtig auf diesem Gebiet tätig sind, zur Mitarbeit an einer einschlägigen Sektion motivieren konnte ...
Die vielbesprochene “Krise” der Germanistik beruht weniger auf einem Defizit an Aufgaben und Perspektiven, sondern vielmehr auf einer weitverbreiteten Orientierungslosigkeit im Dickicht vielfältiger Projekte und Publikationen. Längst ist die Germanistik keine von Nationalphilologie und Nationalpädagogik geprägte “deutsche Wissenschaft” mehr, die Modernisierung des Faches hat zur Entnationalisierung und internationalen Vernetzung geführt. Die Germanistik hat aus guten Gründen mit vielen Traditionen gebrochen, allerdings hat sie dabei zugleich auch den Begriff der Tradition aus der Fachgeschichte insgesamt verbannt ...
Politische Räume – zumal nationale bzw. gesamtstaatliche – sind klassische Objekte geographischer Darstellung. Die Form der „Landeskunde in Kartenform“ wurde erstmals konsequent 1899 mit dem Atlas von Finnland praktiziert. Seither hat dieser Atlas fünf Folgeauflagen mit immer wieder neuen thematischen Akzenten erfahren. In der Folge wurde er zum Prototyp für Nationalatlanten in bis heute über 120 Staaten der Erde.
Deutschland nahm in dieser Galerie der Nationalatlanten allerdings lange eine Sonderstellung ein. Zwar begann Norbert Krebs 1937 einen Atlas des deutschen Lebensraumes in Mitteleuropa, der jedoch weit über das damalige Deutsche Reich hinausgriff und zudem kriegsbedingt unvollendet blieb ...
„Sein Erfolg übertraf die gehegten Erwartungen, nicht sowohl durch die Zahl der Teilnehmer, als durch das Interesse, welches die Verhandlungen darboten.“ Die Rede ist vom Ersten Deutschen Geographentag 1881 in Berlin – zitiert aus dem Vorwort des Verhandlungsbandes. Seither folgten 52 weitere Deutsche Geographentage, seit 1951 regelmäßig im zweijährigen Turnus – zuletzt 2001 in Leipzig unter dem Tagungsthema „Stadt und Region – Dynamik von Lebenswelten“. In einer Vielzahl von Vorträgen, „Workshops“, Exkursionen und anderen Tagungsformen diskutierten rund 1 800 Teilnehmer unter vier Leitthemen: Städte im Wettbewerb – Neue Sozialgeographie der Stadt – Stadtökologie und Umweltmanagement – Modelle, Prognosen und Szenarien für die Zukunft der Stadt und Stadtregion ...
Politikberatung ist eine Notwendigkeit geworden; zu komplex sind die zu entscheidenden Sachverhalte. Auf dieser Grundlage hat der 1992 eingerichtete „Wissenschaftliche Beirat der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen (WBGU)“ inzwischen eine ganze Reihe von Gutachten und Politikpapieren zu aktuellen geoökologischen Problemfeldern vorgelegt. Um einige zu nennen: Grundstruktur globaler Mensch-Umwelt-Beziehungen (1993) – Gefährdung der Böden (1994) – Wege zu einem nachhaltigen Umgang mit Süßwasser (1997) – Strategien zur Bewältigung globaler Umweltrisiken (1998) – Erhaltung und nachhaltige Nutzung der Biosphäre (1999) – Entgelte für die Nutzung globaler Gemeinschaftsgüter (2002) – Energiewende zur Nachhaltigkeit (2003) ...
In der zukünftigen gesamteuropäischen Struktur kommt Südostpolen eine „Scharnierfunktion“ zu. Daraus sich ergebende Fragen und Chancen sind Gegenstand einer Arbeit von Annegret Haase, die im Januar 2001 an der Universität Leipzig von der Fakultät für Sozialwissenschaften und Philosophie als Dissertation angenommen wurde. Ihre Untersuchung folgt einem interdisziplinären Ansatz (Sozialgeographie, Kulturgeschichte, Vergleichende Kulturwissenschaft). Im Vordergrund steht der qualitative Aspekt, was methodisch betrachtet bedeutet, daß sich Haase der Expertenbefragung mittels offener, leitfadengestützter Interviews bedient. Natürlich hat die Autorin, die hinsichtlich des Forschungsgegenstandes Südostpolen Neuland betritt, auch die polnische Fachliteratur zur Situation in Südostpolen sowie die wenigen diesbezüglichen Darstellungen in westlichen Sprachen ausgewertet ...
Länderkunden gibt es Hunderte, von fast allen wichtigen Ländern der Erde, von manchen gar mehrere. Und einige sind wirklich gut, in dem Sinne, daß es darin gelungen ist, die aktuelle, im historisch-aktuellen Widerstreit der natürlichen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen gewachsene geographische Substanz des betreffenden Landes zu durchdringen, in ihrem regionalen und globalen gesellschaftlichen und ökologischen Verbund sachgerecht, mit den nötigen Details und in verständlicher Sprache in Wort und Bild darzulegen, zu bewerten und schließlich auf die (nähere) ökologische und ökonomische Zukunft hin zu projizieren ...
Kleinasien und damit der Raum der heutigen Türkei ist einer der ältesten Kulturländer der Erde. Allein schon dies macht ihn interessant. Das gilt kaum weniger für die vielfältigen Kulturbeziehungen zu Zentraleuropa, ob in historischer Hinsicht (erinnert sei beispielsweise an die „Türken vor Wien“) oder die Rolle türkischer Bevölkerungsgruppen im „Einwanderungsland Deutschland“ und die wachsende Attraktivität der Türkei (insbesondere der „Türkischen Riviera“) für deutsche Urlauber. Kurzum: Wissen über die Türkei ist gefragt. Der Erlanger Geograph Wolf-Dieter Hütteroth hat deshalb bereits 1982 eine erste umfangreiche Länderkunde (in der Reihe der Wissenschaftlichen Länderkunden) über die Türkei vorgelegt; 1995 folgte der heute in Ludwigsburg lehrende Geograph Volker Höhfeld mit einer Darstellung (im Rahmen der Perthes-Länderprofile) ...