Internet-mediale Aufbereitung oder buch-vertraute Gestaltung?
Ein Mann, so heißt es im Vorwort, erfüllt sich einen Traum. Der Traum des erfolgreichen Informatik-Unternehmers Michael Poliza handelt von einer Reise zu Schiff um die Welt, zu Orten der Sehnsucht mit klangvoll-exotischen Namen, von Entdeckungen. Und die Welt – so wollen es der Autor und die Sponsoren: in der Hauptsache das Stern-Magazin und führende Technologiekonzerne – sollen die Möglichkeit erhalten, bei diesem Traum per Internet vom ersten bis zum letzten Tag dabei zu sein. Der vorliegende repräsentative Bildband stellt nun das Protokoll in Buchform dieser knapp dreijährigen Reise dar.
Ein Spezialschiff wird gebaut, ausgerüstet mit modernster GPS-Blindnavigation und Rund-um-die-Uhr Satellitenkommunikation, ein schwimmender Automat mit Kühlkapazität und Videothek für den Bedarf von Monaten oder Jahren, denn 1 000 Tage und ca. 150 000 Kilometer wird die Weltumrundung dauern. Versprochen wird eine moderne Entdeckungsreise, doch beginnt sie zunächst als ausführliche Präsentation eines schwimmenden, autonomen Technologie-Demonstrators, beginnt sozusagen als der materialisierte Zeitgeist des ausgehenden 20. Jahrhunderts.
Das Buch bezeichnet sich ausdrücklich als Reiseprotokoll und legt sich damit auf keine bestimmte Textgattung und Organisationsform fest. Der Band, so muß auch ein kritischer Leser einräumen, fällt auf Anhieb durch seine wirklich spektakulären Naturphotographien auf und ist hervorragend gedruckt. Die grobe Gliederung erfolgt nach den vier Reisejahren 1998 bis 2001 und umfaßt zumeist großzügig bebilderte mehrseitige Reportagen, Essays oder Tagebuchauszügen. Nach ihren Textgattungen variieren diese Kapitel somit stark. Thematisch sind sie den bekannten GEO-Reportagen vergleichbar, bleiben aber in den meisten Fällen hinter deren Bildungsanspruch weit zurück. Dieses Buch ist offenbar für ein breiteres Publikum gedacht, das Wert eher auf Abwechslung als auf tiefere Beschäftigung mit den einzelnen Reisezielen legt. Zwischengeschobene Informationskästen zu Nebenthemen, Reiseepisoden, Publikumsrückmeldungen etc. in Verbindung mit überlappenden Formaten und Photozusammenstellungen erscheinen als in lineare Form gebrachtes Internet-Surfen. Eine solche Kombination von klassischer Kapitelgliederung mit aus dem World-Wide-Web bekannten visuellen Mitteln macht die Orientierung nicht immer leicht, da sie buch-vertraute Formen sprengt. Auch fehlt den zur groben lokalen Einordnung der Schauplätze beigefügten Karten jede Detaillierung; zudem sie sind durchweg englisch beschriftet, wie überhaupt die reichliche Verwendung von Anglizismen befremdet, die weit über das Maß der deutschen Umgangssprache hinausgeht. Für bestimmte Amtsbezeichnungen (district chief, bodyguard), Tätigkeiten (council, cruising permit, Anti-Tourism-Prayer-Week etc.) bestehen vertraute deutsche Bezeichnungen oder lassen sich ohne Mühe finden.Ergänzend findet der Leser das komplette Logbuch der Starship-Reise auf der dem Buch beiliegenden CD-ROM. Als Buchausgabe ist die Reise der ‚Starship‘ wegen der zahlreichen hochwertigen Photographien ein repräsentativer Augenfänger und als solcher betrachtenswert. Allerdings hätte eine sorgfältigere Redaktion im Hinblick auf Übersichtlichkeit, Straffheit der Form und Sprache gutgetan; zudem erscheint die Gliederung wenig tiefgehend und der Fülle des vorgelegten Materials nicht völlig gewachsen. Vor allem aber fällt auf, daß die Übertragung komplexer Informationen von einer nicht buchgebundenen Medienform in die traditionelle Buchform nicht ganz unproblematisch ist.