Das Südliche Afrika. Gesellschaftliche Umbrüche zu Beginn des 21. Jahrhunderts. Zusammenwachsen einer Region im Schatten Südafrikas

Das geographische Erbe der Apartheid

Das in zahlreichen auch gemeinsamen siedlungsgeographischen Publikationen zum Südlichen Afrika hervorgetretene Schüler-Lehrer-Gespann Ulrich Jürgens und Jürgen Bähr (beide Universität Kiel) hat ein Regionalprofil der geographisch wohl interessantesten, weil vielfältigsten und dynamischsten afrikanischen Teilregion vorgelegt. Der Band spricht, bei einer in modernen Länderkunden häufig zu beobachtenden nur knappen Skizze der naturräumlichen Ausstattung, in den drei Themenbereichen Gesellschaft, Wirtschaft und Demographie nahezu das gesamte Spektrum der aktuellen kulturgeographischen Forschung an – bis hin zur Ökologie, „Gender“-Fragen und der Kriminalität. Zugleich aber setzt er aufgrund des Ausgreifens bis an die Südgrenze des Kongobeckens eine Reihe vertieft abgehandelte Schwerpunkte. Die Stärke des Buchs liegt dabei zweifellos in der – auch kartographisch am dichtesten und eindrücklichsten begleiteten – siedlungsgeographischen Analyse. Hier greifen die Autoren auf ihre langjährige Befassung insbesondere mit dem Großraum Johannesburg zurück und arbeiten gut nachvollziehbar die Wandlungsvorgänge in der Post-Apartheid-Stadt auf.
Die Autoren vermögen allerdings nicht zwingend zu erklären, warum ihr Regionalprofil über die gewöhnlich zusammengefaßte Staatengruppe Südafrika, Namibia, Botswana, Lesotho, Swasiland und – bereits mit Einschränkungen – Simbabwe weit gen Norden ausgreift. Die genannten „Kernstaaten“ sind weithin durch eine ähnliche naturräumliche Ausstattung (Subtropen) und lange zurückreichende kulturräumliche Prägung (burisch-britischer Siedlungskolonialismus) vereint. Demgegenüber weisen trotz des geographischen Kontinuums mit vielfältigen Verknüpfungen die hinzugenommenen tropischen „Randstaaten“ des luso-afrikanischen Angola und Mocambique sowie die spät angelsächsisch kolonisierten Sambia und Malawi eine vorwiegend andere Ausstattung und entwicklungsgenetische Prägung auf. Zudem sind die Fallbeispiele aus jenen Übergangsräumen nach Zentral- und Ostafrika auch zu erratisch, um deren Grad der Reflexion auf genuin südafrikanische Entwicklungsprozesse erkennbar zu machen.
Trotzdem ist dieses Regionalprofil – ergänzt durch das 1999 im gleichen Verlag erschienene Länderprofil Südafrika mit Lesotho und Swasiland von Bernd Wiese (Universität Köln) – gerade für Einsteiger eine wertvolle Überblicksdarstellung der aktuellen und mitunter krisenhaften Prozesse am südlichen Ende des afrikanischen Kontinents nach dem Ende der Apartheid. Der Verlag käme jedoch bei künftigen Regional- und Länderprofilen mit einer durchgehenden und farbigen Illustration anstelle eines bloßen Bildanhangs den gerade für moderne Länderkunden neben der Wissenschaft immer wichtiger werdenden Zielgruppen in Schule, Beruf und Freizeit sehr entgegen.