Das Christentum
Die Geschichte seiner ersten zwei Jahrtausende

Lust und Freude an der Geschichte der christlichen Kirchen weckt dieses inhaltlich und sprachlich ansprechende, mit Optimismus geschriebene Buch. Es vertieft von neuem die neugierige Frage: Wie sind denn heute – mit Wohlwollen! – die durch Jahrhunderte gewachsenen Formen und Gestalten des Christentum zu deuten und zu verstehen?

Der Autor David L. Edwards ist Kirchenhistoriker und Geistlicher der Kirche von England; neben anderen Verpflichtungen dozierte er in Oxford; er befaßte sich intensiv mit dem Wachsen und Werden der verschiedenen religiösen Strömungen; er lebt heute in Winchester.

Im vorliegenden umfangreichen Band weist er sich als hervorragender Kenner der Geschichte des Christentums und der Fachliteratur aus. In der 14 Seiten umfassenden weiterführenden Literaturangabe werden nicht nur Titel an Titel aus dem englisch-amerikanischen und deutschen Sprachraum gereiht, sondern es wird kommentierte und vorsichtig bewertende Auskunft über einzelne Werke angeboten. Das abwägend-kritische Urteil des Verfassers wird deutlich. Das 15seitige Register lädt immer wieder ein zum Nachschlagen im spannend und verständlich geschriebenen Buch.

In wohltuender, sachlicher Distanz zur kaum zu überblickenden und schwierigen 2000jährigen Geschichte des Christentums, in persönlich engagierter und frisch erzählender Form vermag Edwards neben dem Unchristlichen und Inhumanen der Geschichte gerade das überraschend Schöne und Gute in den nun einmal so gewordenen Formen des Christentums dem Leser nahe zu bringen. Der Autor hatte die englische Ausgabe 1997 fertiggestellt. Wegen seiner besonderen Beziehung zu Deutschland lag ihm eine gute Übersetzung in deutscher Sprache am Herzen.

Ein besonderes Merkmal der vorliegenden Geschichte des Christentums ist zum einen die übersichtliche Einteilung in zehn Kapitel: Die Anfänge des Christentums (Neues Testament), die frühen Christen (erste Schriftsteller), die byzantinische Orthodoxie (die östliche Spielart des Katholizismus), die nachbyzantinische Orthodoxie (die sog. orthodoxen Kirchen bis heute), der mittelalterliche Katholizismus (in Europa und Vorderasien), die Reformationen (in den verschiedenen Ländern Europas und ihre Ausbreitung in den sog. Missionen), im Zeitalter der Moderne (von der Aufklärung bis zu den religiösen und theologischen Erneuerungsbewegungen nach der Säkularisation), die Amerikas (Nord- und Südamerika), Christentum weltweit (Ausbreitung in den übrigen Erdteilen und Begegnung der verschiedenen Glaubenswelten), im Zeitalter der Postmoderne (Gegenwärtige Situation und offener Ausgang). Zum andern gehen dem aufmerksamen Leser durch das Weiterziehen der angerissenen historischen „Linien“ bis in die neueste Zeit hinein unerwartete Zusammenhänge auf, z.B. bei der Darstellung der nachbyzantinischen orthodoxen Kirchen.

„Auch wenn ein Zeitalter in Bruchstücke zu zerfallen scheint – etwa am Ende des Judentums, wie Jesus es kannte, oder am Ende der Märtyrerkirche im Römischen Reich, am Ende der byzantinischen Orthodoxie oder am Ende des Weströmischen Reiches, am Ende des mittelalterlichen Katholizismus oder am Ende der Reformationen im 16. Jahrhundert, am Ende der europäischen Vorherrschaft im Christentum oder am Ende der Vormachtstellung der Männer –, auch dann lässt sich beobachten, wie aus den Wehen neues Leben wächst“ (S. 720).