Die sprachenrechtliche Situation der Angehörigen von Minderheiten im Völkerrecht

Gesprächsbereit

„Der Mensch ist ein freidenkendes, thätiges Wesen, dessen Kräfte in Progreßion fortwürken; darum sei er ein Geschöpf der Sprache“ – unter dieses Zitat des deutschen Philosophen Johann Gottlieb Herder aus dem 18. Jahrhundert stellt Dirk Engel seine Darstellung der sprachenrechtlichen Situation der Angehörigen von Minderheiten im Völkerrecht, die am Menschenrechtszentrum der Universität Potsdam entstandenen ist. Das Zitat Herders unterstreicht die Bedeutung der Sprache als ein wesentliches Merkmal menschlicher Identität. Für Minderheiten, die über eine eigene Sprache verfügen, ist deren Schutz und Pflege ein zentrales Mittel, um ihre kulturelle Identität gegenüber der Mehrheitsbevölkerung zu wahren.

Engel greift mit seiner Arbeit somit einen begrenzten, aber zugleich zentralen Bereich des Minderheitenschutzes im Völkerrecht auf. Die Art und Weise, wie Staaten mit Minderheitensprachen in ihrem Hoheitsbereich umgehen, unterscheidet sich in der Praxis oft erheblich. Ohne auf die Situation einzelner sprachlicher Minderheiten im Detail einzugehen – der Verfasser verweist hier auf in den letzten Jahren entstandene Studien – stellt er im ersten Kapitel u.a. die Grundtypen staatlicher Regelungsmodelle zum Schutzes sprachlicher Minderheiten kursorisch dar, um den Hintergrund zu skizzieren, vor dem die besondere Bedeutung des völkerrechtlichen Sprachenschutzes deutlich wird. Daran schließt sich mit dem zweiten Kapitel ein kurzer Abriß der historischen Entwicklung des sprachenrechtlichen Minderheitenschutzes an. Es ist das besondere Verdienst der Arbeit Engels im Hauptteil seiner Arbeit (S. 53-257) die wichtigsten völkerrechtlichen Instrumente sprachenrechtlichen Minderheitenschutzes der Gegenwart nebeneinander darzustellen. Besonders eingehend wird Art. 27 des Internationalen Paktes über bürgerliche und politische Rechte (S. 53-101) analysiert; einbezogen in die Darstellung ist dabei auch die Praxis des UN-Menschenrechtsausschusses als dem zuständigem Organ dieses Paktes. Ausführlich behandelt Engel auch die 1992 verabschiedete Europäische Charta der Regional- und Minderheitensprachen (S. 107-178). Einbezogen in die Untersuchung sind weiter die Deklaration der Generalversammlung der Vereinten Nationen aus dem Jahre 1992 über die Rechte von Personen, die nationalen oder ethnischen, religiösen und sprachlichen Minderheiten angehören, sowie die für die sprachenrechtliche Situation von Minderheiten relevanten Teile der Europäischen Menschenrechtskonvention und des europäischen Rahmenübereinkommens für den Schutz nationaler Minderheiten. Der Sprachenrechtsschutz im Rahmen der Europäischen Union und im Rahmen der KSZE/OSZE bildet den Abschluß des Hauptteils der Untersuchung. Die Darstellung schließt mit einem – allerdings etwas knappen – Vergleich des Schutzumfanges der Instrumente sprachenrechtlichen Minderheitenschutzes. Insgesamt gelingt dem Verfasser mit seiner Arbeit ein guter und lesenswerter Überblick über einen zentralen Bereich des Minderheitenschutzes.