Der erste Band der Reihe Wonderful Things – A History of Egyptology, verfasst von Jason Thompson, behandelt die Wirkung und das Fortleben von Hinterlassenschaften der altägyptischen Kultur für die Zeit von der Antike bis zum Jahr 1881. Damit wirft er einen Blick auf die vor Etablierung der Wissenschaft liegenden Erkundungen zum alten Ägypten. Demzufolge behandelt dieser Band mehr die Rezeption des alten Ägypten denn die wissenschaftliche Forschung, welche zumindest aus heutiger Sicht so betrachtet wird. Der Autor ist kein Ägyptologe, sondern Historiker und daher möglicherweise als Fachfremder besser geeignet, eine Geschichte der Ägyptologie zu beschreiben. Denn in der Vergangenheit hatte er sich bereits dem Fach und einem ähnlichen Thema zugewendet (Sir Gardiner Wilkinson and His Circle – A History of Egypt: From Earliest Times to the Present, AUC Press 2008). Derzeit ist Thompson als Professor am Colby College tätig. Spezialisiert ist er auf die Begegnung von West und Ost, insbesondere auf das Verhältnis von Britannien zum Nahen Osten, was ihn für das Thema qualifiziert.
Besonders hervorzuheben ist die Einleitung, welche sich mit der Rolle der Ägyptologie und ihrer Etablierung als Disziplin auseinandersetzt. Wichtig ist in diesem Teil des Buches der Hinweis des Autors darauf, dass ägyptologische Forschung letztlich eine Rekonstruktion des alten Ägypten bleibt (vgl. insbesondere S. 10-12). Somit gibt er zu bedenken, ob Ägyptologie heutzutage nicht ebenso eine spezielle Form der Ägyptenrezeption darstellt. Trotz größtmöglichem Anspruch des Faches an seine akademische Arbeit, plädiert Thompson dennoch dafür, auch vergangene Erkundungen zum alten Ägypten als forschende Bemühungen in ihrem jeweiligen zeitlichen Kontext anzuerkennen. Das Buch ist in übersichtliche 14 Kapitel gegliedert, die sich jeweils einzelnen Themenbereichen widmen und chronologisch verlaufen. Beispielsweise wird das oft missachtete Mittelalter behandelt, typischerweise die Entzifferung der Hieroglyphen oder die Rezeption des alten Ägypten in Kunst, Fotografie und Literatur des 19. Jahrhunderts. Entsprechend der Fachrichtung des Autors wird auch das Einwirken Auguste Mariettes auf Ägypten geschildert.
Eine leider fehlende Bebilderung macht der Autor durch detailreiche Beschreibungen des Gegenstandes wett. Die englische Sprache ist in diesem Fall mittelmäßig anspruchsvoll und tritt dem Leser nicht mit unnötigem Fachvokabular entgegen. Der Umfang des Textes ist dem Thema durchaus angemessen und hier und da werden historische Zitate angebracht. Somit gelingt es dem Autor Einsichten in Persönlichkeiten, auch eher unbekannte Ägyptologen (vgl. S. 13) und die reinen geschichtlichen Ereignisse zu verknüpfen. Insgesamt ist das Buch nicht nur ein Werk über Geschichte, sondern es liest sich auch wie eine Geschichte über die Ägyptologie. Demnach ist es flüssig zu lesen und führt den Leser mit narrativen Zügen durch die Vergangenheit, ohne seinen wissenschaftlichen Anspruch außer Acht zu lassen. Der erste Band versäumt es nicht, wichtige Stationen in der Geschichte der Ägyptologie zu behandeln. Letztlich ist es zwischen einer populären und rein wissenschaftlichen Darstellung anzusiedeln.
Nichtsdestotrotz füllt es eine Lücke in der Disziplin, die es bisher selbst nicht vermocht hatte, ein umfassendes Werk über die eigene Geschichte zu schreiben. Positiv ist an dieser Stelle, dass der Band nicht mit Verweisen überladen ist und zu Beginn auf bereits vorliegende Literatur zum Thema hindeutet, etwa auf Who was Who in Egyptology. Insgesamt also eine gelungene und sowohl für den Ägyptologen als auch Interessierten zu empfehlende Darstellung.