Unter dem Titel 'Treblinka. Lager/Revolte/Flucht/Warschauer Aufstand' sind 2009, dank der Initiative des 'Bildungswerks Stanisław Hantz' , auch in Deutschland die Erinnerungen Samuel Willenbergs, einem der wenigen Überlebenden des NS-Vernichtungslagers Treblinka, erschienen. Aufzeichnungen, die der Überlebende kurze Zeit nach Kriegsende nach einem umfassenden Interview anfertigte, lieferten die Basis für diesen eindrucksvollen, klar und präzise formulierten Erinnerungsbericht.
Samuel Willenberg wurde 1923 im polnischen Częstochowa geboren und wuchs dort sowie in Warschau mit seinen Eltern und seinen beiden Schwestern auf. Im Alter von 16 Jahren meldete er sich freiwillig zur Armee, um am polnischen Verteidigungskrieg gegen Hitler-Deutschland teilzunehmen, in dem er schwer verwundet wurde. Trotz gefälschter arischer Papiere gelang es der Familie nur kurze Zeit unterzutauchen, Willenbergs Schwestern wurden 1942 verhaftet. Einige Zeit später, 1943, wurde der 20-jährige Samuel nach Treblinka deportiert.
Sehr anschaulich und detailliert beschreibt der Verfasser, wie er bei der Ankunft im Lager auf einen alten Freund aus Kindertagen trifft, der ihm den lebensrettenden Rat gibt, sich als Maurer auszugeben. Daraufhin wird er in ein Arbeitskommando eingeteilt und entgeht damit dem direkten Weg in die Gaskammer. Verschiedene Arbeiten muss der Häftling im Laufe seiner Gefangenschaft verrichten, besonders traumatisch war es, die Kleidung der Ermordeten sortieren zu müssen; eines Tages hält er dabei auch die 'Mäntelchen [seiner] Schwestern' (S.63) in den Händen.
Nach einigen Monaten des Überlebenskampfes kommt Willenberg mit der Widerstandsgruppe im Lager in Kontakt und beteiligt sich an jenem 'erinnerungswürdigen Tag des 2. August 1943' (S.143) am Aufstand der Lagerhäftlinge, bei dem ihm das fast Unmögliche, die Flucht, gelingt.
Nachdem er zunächst ausführlich den 'Alltag' im Lager beschreibt, widmet er die folgenden Kapitel der Zeit nach dem Lageraufstand. Aufgrund seines 'arischen' Aussehens übersteht er die beschwerliche Flucht, ohne den Nazis erneut ausgeliefert zu werden und schafft es, Warschau zu erreichen. Dort findet er seine Eltern wieder, schließt sich einer Partisanengruppe an und kämpft 1944 im Warschauer Aufstand.
Das Erinnerungsbuch enthält einige hilfreiche Anmerkungen, durch die der Leser zu eventuell unbekannten Begriffen oder Personen die wichtigsten Informationen erhält. Zudem gibt es einen Anhang, der neben einer Kurzbiografie Willenbergs auch einen Überblicksartikel zum Vernichtungslager Treblinka liefert. Ergänzt wird der Bericht durch Fotos, u.a. von Willenbergs gefälschtem Pass, mit dem er die Zeit nach der Flucht bis zum Kriegsende überlebte und von ihm selbst angefertigte Skizzen des Lagers.
Welch hohe Bedeutung Willenbergs Buch hat, wird umso deutlicher, wenn man sich die so geringe Anzahl der Überlebenden des Todeslagers Treblinka, in dem im Zuge der 'Aktion Reinhardt' schätzungsweise über 900.000 Juden ermordet wurden, bewusst macht. Umso wichtiger ist es 'den Überlebenden wie Samuel Willenberg eine Stimme zu geben und ihre Erinnerungen für die Nachwelt zu erhalten' (S. 9), wie es im Vorwort heißt. Viele sind es nicht, und bald verstummen auch die letzten.