Die vorliegende 'Geschichte der deutschen Sprache' scheint ' wenn allein ein Blick auf den Titel geworfen wird ' eine weitere der vielen deutschen Sprachgeschichten in der Tradition eines Friedrich Kluge oder Adolf Bach zu sein. Allerdings liegt hier nicht lediglich eine 'Aktualisierung' älterer Sprachgeschichten vor, deren Wert vor allen Dingen in einer umfassenderen Bibliographie läge, sondern es handelt sich um eine in wesentlichen Aspekten an den meistenteils geänderten Curriculae der germanistischen Studiengänge und der damit verbundenen Unterrepräsentanz der historischen Sprachwissenschaft orientierte Publikation. Das Buch, so heißt es in der Einleitung, 'informiert in drei Teilen über den Gang und die wesentlichen Aspekte der deutschen Sprachgeschichte'. Ein solches Versprechen allein muss nicht viel besagen, jedoch sind die drei angesprochenen Segmente einerseits wohl geschieden, andererseits natürlich ' um einen Mode-Terminus zu gebrauchen ' 'virtuell' miteinander verwoben, indem sie selbstverständlich aufeinander Bezug nehmen.
Ein in gewissem Sinne moderner oder vielleicht besser an den Zeitläuften orientierter Aspekt wird bereits anhand der Gestaltung des Buches deutlich, dessen Layout eine deutliche Orientierungshilfe zu leisten vermag. Wesentliches wird im Druckbild hervorgehoben ' sei es, dass einzelne Begriffe bzw. Begriffsfelder etwa durch Fettdruck hervorgehoben sind, sei es, dass essentielle Informationen in eigenständigen Abschnitten, erkennbar durch Umrahmung und ' wenn es sich um Zusammenfassungen handelt ' Grauunterlegung, verdichtet dargestellt werden. Derlei gestalterische Finessen erleichtern die Orientierung und laden auch dazu ein, sich sozusagen ganz entspannt der Materie resp. Sprachgeschichte einfach durch 'blätterndes Stöbern' anzunähern. Natürlich kann derlei eine systematische Beschäftigung mit der Geschichte der deutschen Sprache keinesfalls ersetzen, dieses Potentialis scheint mir jedoch insofern für eine Qualität der Publikation zu sprechen, der die meisten zumindest mir geläufigen Sprachgeschichten ermangeln ' Neugier zu wecken und durch die reine Lust am 'Stöbern' Interesse am Thema wachzurufen.
Die Orientierung wird, wie bereits angedeutet, durch graphische Hervorhebungen erleichtert, die im weitesten Sinne eine Art von 'Wiedererkennungseffekt' ermöglichen ' und damit auch zum Nachschlagen und Vertiefen bestens geeignet sind. Aber zurück zu den eingangs erwähnten 'drei Teilen'; es handelt sich, und das ist, wie bereits erwähnt, gegenüber den etablierteren Sprachgeschichten älterer Provenienz eine positive Veränderung, um die Abschnitte 'Längsschnittstudien'; 'Zeitstufen' sowie um die 'Linguistischen Analysen'.
Im ersten Großabschnitt werden neben den Kategorien der gesprochenen und geschriebenen Sprache auch Sprachkontakte, Varietäten und ' was vielleicht verwundern mag, sich aber im Konzept des Buches quasi organisch ergibt ' 'Anredeformen als Spiegel der Gesellschaft und ihrer Veränderungen' thematisiert. Damit wird von der gewohnten diachronischen (An-)Ordnung der meisten Sprachgeschichten abgewichen, allerdings lässt sich dies nicht als Defizit ausmachen; dies gilt natürlich vor allen Dingen angesichts des Umstandes, dass eben in den einzelnen Unterabschnitten durchaus diachronische Phänomene abgedeckt sind.
Der zweite Themenkomplex wird in der Behandlung des Althochdeutschen, Mittelhochdeutschen, Frühneuhochdeutschen sowie Neuhochdeutschen den grundsätzlichen Erwartungen an eine Geschichte der deutschen Sprache insofern gerecht, als hier die gewohnten Aufbauschemata wiederzufinden sind. Das soll aber beileibe nicht heißen, dass insbesondere die ausdifferenzierte Feinuntergliederung, die an mancher Stelle tatsächlich bis in Einzeldetails geht, nur bereits Althergebrachtes wiedergäbe; auch in diesem Kontext lassen sich überraschende und interessante Erkenntnisse machen, die vielleicht nicht unbedingt zu erwarten gewesen wären.
Dies gilt auch für den abschließenden Teil, die 'linguistischen Analysen', die in der Tat insofern ungewöhnlich sind, bzw. eine bemerkenswerte Substruktur aufweisen, als der erste Unterabschnitt, 'Das Deutsche als indogermanische und germanische Sprache' weit früher zu erwarten wäre. Da sich allerdings bereits hier, insbesondere aber im Unterabschnitt zur 'Lautgeschichte', eine Reihe von Graphiken und Tabellen mit lautlichen Veränderungen befasst und somit Elemente sehr stark zum Tragen kommen, die gemeinhin eher in einer historischen Grammatik des Deutschen zu erwarten wären, sich entsprechende Ansätze. aber auch im ersten Unterabschnitt des letzten Großkapitels ausmachen lassen, ist diese Anordnung nur konsequent.
Ein umfangreiches Literaturverzeichnis sowie ein übersichtliches Register runden den positiven Eindruck des vorliegenden Buches ab, das als äußerst empfehlenswert charakterisiert werden kann ' es wird gewiss zu Recht seinen Stammplatz nicht nur auf studentischen Schreibtischen finden.