Der bekannte Wiener Germanist und Keltologe Helmut Birkhan legt auch mit dieser, seiner aktuellsten Monographie im Rahmen seiner keltologischen Forschungen ein umfangreiches Werk vor, das die 'eigentliche' Germanistik vielleicht nur in Randbereichen, gleichwohl nicht vollkommen unberührt lassen und damit mehr als streiflichtartig zu betreffen vermag.
Allein die Thematisierung des Artuskreises wird nicht nur innerhalb der mediävistischen Germanistik auf Interesse stoßen, sondern auch für die neuere deutsche Literaturgeschichte von Interesse sein. Wie der Verfasser in seiner Einleitung ausführt, ist dieses Buch quasi eine Fortsetzung der umfangreichen Veröffentlichung über die ' antiken ' Kelten, die Ende der neunziger Jahre erschien. Im einzelnen werden auf solider Quellenbasis folgende Oberthemen behandelt: 'Das insulare Christentum und seine Botschaft auf dem Kontinent', 'Die matière de Bretagne' (hier werden intensiv und ausführlich das Artus-Motiv, der 'Tristan' und die Tafelrunde sowie die Motivwanderungen vom Inselkeltischen auf den Kontinent behandelt), 'Die Ossianische Dichtung', 'Der Barzaz breiz ' ein bretonischer Ossian?', 'Die wissenschaftliche Keltenrezeption in der Neuzeit in Britannien und auf dem Kontinent', 'Kelteninteresse und Keltomanie in Mitteleuropa', 'Die moderne Keltenrezeption im Astérix und in anderen Comics', 'Die Keltenrezeption bei Tolkien und die modernen Elfen', 'Fiktionale Wissenschaft', 'Die Inselkelten melden sich zu Wort. Bewusstwerdung und neues Selbstbewusstsein', 'Die Keltenrezeption in der modernen Lebenspraxis', 'Echte und scheinbare Fälschungen' sowie 'Die Keltenrezeption im Neuheidentum'.
Die Vielfalt der Thematik, in der sich denn auch langjährige keltologische Forschungen niederschlagen, und der damit verbundene Umfang des Buches erschweren eine adäquate Rezension allein ob des Problems, eine solche zu leisten, ohne einen quasi ergänzenden resp. zusammenfassenden Aufsatz zu schreiben. Dementsprechend soll das Augenmerk auf die Themenschwerpunkte gelenkt werden, die für das Feld der Germanistik von ganz besonderem Interesse sein könnten. Für diesen 'engeren' germanistischen Bereich sind es insbesondere die Kapitel zum Einfluss inselkeltischen Christentums, die etwa hinsichtlich der in den meisten Sprachgeschichten postulierten Phase der 'iroschottischen Mission' und einer damit einhergehenden Wortschatzerweiterung äußerst lesenswert erscheinen. Anhand des Verweises auf Heiligen-Viten werden hier (sprach-)geschichtliche Ereignisse zusammengefasst und ihre möglichen geistes- und kulturgeschichtlichen, aber eben auch wortschatzrelevanten Einflüsse diskutiert. Und natürlich gilt dies uneingeschränkt auch für das auf über zweihundert Seiten abgehandelte Thema der 'matière de Bretagne', in dem eben solche in der mediävistischen Literaturwissenschaft zentralen Bereiche wie die Artus-Sagen und die damit verbundenen erweiterten Sujets ausführlich dargestellt sind. Auch in den (meisten) der weiteren Themenschwerpunkte lassen sich Anregungen für die germanistische Literaturwissenschaft auch neuerer Provenienz finden, etwa wenn es ' um nur einen prominenten Namen zu bemühen ' um die Wirkung eines Tolkien auf die jüngere Literatur geht.
Insgesamt gesehen handelt es sich also um eine mehr als lesenswerte Veröffentlichung, die ' auch wenn sie möglicherweise nicht den allerengsten Bereich germanistischen Interesses vollständig trifft ' nicht nur eine breite Informationsbasis bietet, sondern auch in einem quasi 'artifiziellen' Sinne höchst lesenswert ist. Denn auch dieses Buch ist, wie von Helmut Birkhan auch nicht anders zu erwarten, im positiven Sinne eingängig geschrieben ' ohne anbiedernd 'populär' zu sein, und es weist doch eine äußerst hohe Informationsdichte auf. In jedem Falle ist die 'nachantike Keltenrezeption' innerhalb der Germanistik wohl in erster Linie für den mediävistischen Bereich empfehlenswert, darüberhinaus aber insbesondere auch im Zusammenhang mit komparatistischen Studien sehr zweckmäßig ' und wie bereits erwähnt ist eine Lektüre des Buches auch ohne explizite 'Zielrichtung' in jedem Fall lohnenswert.