Die keltischen Wurzeln der Artussage

Das von dem Bonner Keltologen Stefan Zimmer vorgelegte Buch ist, so betont der Autor, 'das erste Werk seiner Art in deutscher Sprache'. Wenn es um den Ursprung der Artussage oder der Figur des König Artus geht, so werde in der Regel auf die maßgebliche literarische Quelle aus dem 12. Jahrhundert verwiesen, die um 1138 verfaßte 'Historia Regum Britanniae' des Geoffrey of Monmouth. Belege, in denen von Artus die Rede ist, habe es jedoch schon viele Jahrhunderte früher gegeben. Aufgrund aber der überwiegend keltischen oder lateinischen Quellen seien diese Texte in 'allen bisherigen deutschsprachigen Publikationen regelmäßig viel zu kurz gekommen'.
Zimmer konzentriert sich bei seiner Untersuchung ausschließlich auf Quellen, die entweder älter als Geoffreys 'Historia' oder nachweislich ohne dessen Einfluß entstanden sind. Schritt für Schritt führt der Autor auf den ersten knapp 100 Seiten die unterschiedlichsten Überlieferungszeugen wie zum Beispiel Inschriften, historische und literarische Werke und Genealogien an ' jeweils mit deutscher Übersetzung ' und zeigt somit, wie früh sich bereits sagenhafte Geschichten um einen britischen Schlachtenheld namens Arthur bildeten, der ab dem 11. Jahrhundert schließlich in der idealen Herrscherfigur des König Artus aufging.
Die Frage, ob es einen 'historischen' Arthur/Artus wirklich gegeben hat oder nicht, muß auch der Bonner Keltologe letztlich offen lassen. Er entwickelt abschließend ein wahrscheinliches 'Szenario', nach dem ganz am Anfang wohl ein römischer General mit Namen Lucius Artorius Castus gestanden hat. Dieser erfolgreiche Feldherr, schlußfolgert Zimmer, müsse einen derart prägenden Eindruck in der Erinnerung des britischen Volkes hinterlassen haben, daß er später ideal geeignet gewesen wäre, um zum 'britische[n] Schlachtenheld Arthur dux (bellorum) des 6. Jh.' stilisiert zu werden.
Im zweiten Teil des Buches präsentiert Stefan Zimmer die Geschichte von 'Culhwch und Olwen', die 'älteste vollständig erhaltene keltische Artussage'. Erstmals liegt der um 1100 entstandene Prosatext somit in einer vollständigen deutschen Übersetzung vor, bei dem es sich um den frühsten arthurischen Text handelt, 'der keinerlei historische Ambitionen mehr hat'. Arthur tritt in dieser Brautwerbungsgeschichte ' Culhwch wirbt um die schöne Olwen ' als Anführer einer 'recht bunten und rauhen Kriegerschar' auf und unterstützt seinen Verwandten bei dessen Werbung.
Für Stefan Zimmer war es bei seiner Übersetzung wichtig, 'möglichst 'wörtlich' zu sein, um die Eigentümlichkeiten des kymrischen Satzbaus im Deutschen nachzubilden'. Das Ergebnis sind allerdings häufig irritierende Konstruktionen wie zum Beispiel: 'Als kam ihre Zeit für sie, (da) kam der [oder: ihr] richtige(r) Verstand (wieder) zu ihr' (S. 117), die meist das Textverständnis erschweren. Auf die in den Philologien verbreiteten Editionskonventionen wie z. B. Abdruck des Originaltextes oder eine klare Trennung zwischen Übersetzung und jeglicher Art von kommentierenden oder erläuternden Anmerkungen ist verzichtet worden. Unverständlich ist ebenfalls das Fehlen einer Zeilenzählung, obwohl in den nachfolgenden Kapiteln (S. 168 f., 179) vereinzelt darauf verwiesen wird.
Die von Zimmer präsentierte Übersetzung ist ein nützlicher Beitrag zur Artusforschung, bleibt aber hinter den wissenschaftlichen Ansprüchen zurück und ist aufgrund ihrer unübersichtlichen Textgestaltung ' bedingt durch viele in runden und eckigen Klammern eingeschobenen Erläuterungen und Detailinformationen ' für den interessierten Laien nur schwer zugänglich.
Die das Buch prägende große Anzahl an Nachlässigkeiten in Bezug auf Texteinrichtung und -formatierung muß betont werden. Sie entspricht in keiner Weise den Maßstäben einer wissenschaftlichen Publikation.