Persönlichkeitsstörungen bei Jugendlichen unter einem Alter von 16 Jahren sind z. B. nach den Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie im Einzelfall diagnostizierbar, aber Persönlichkeitsstörungen im Kindesalter - gibt es das überhaupt? Die drei renommierten Autoren beantworten diese unter Fachleuten sehr umstrittene Frage mit einem eindeutigen 'Ja'. In ihrem Buch, das die erste deutschsprachig veröffentlichte Übersichtsarbeit zu diesem Thema darstellt, wollen sie, wie sie selbst im Vorwort darlegen, 'den Nachweis führen, daß die klinische Praxis und die Forschung uns die Möglichkeit geben, Persönlichkeitsstörungen bei Kindern und Jugendlichen mit Sicherheit zu diagnostizieren.' Zu diesem Zweck führen sie im ersten Kapitel zahlreiche wissenschaftliche Studien zu diesem Thema an und legen insbesondere auf den Faktor 'Entwicklung' immer wieder großen Wert. Im zweiten Kapitel werden v. a. verschiedene diagnostische Mittel zur Erfassung von Persönlichkeitsmerkmalen (Fragebögen, Interviews, Erfassung von Abwehrmechanismen, z. B. im Rahmen einer Spieltherapie, projektive Verfahren, wie z. B. Rorschach) z. T. sehr ausführlich abgehandelt, bevor in den folgenden drei Abschnitten die einzelnen Typen von Persönlichkeitsstörungen dargestellt werden. Dabei wird, entsprechend der psychoanalytischen Einteilungen, in neurotische, Borderline- und psychotische Persönlichkeitsorganisation unterteilt, womit sich z. T. deutliche Unterschiede zu den gängigen Klassifikationssystemen (DSM-IV, ICD-10) ergeben. Zu jeder Persönlichkeitsstörung werden nach einer ausführlichen Definition und Beschreibung der Merkmale differentialdiagnostische Erwägungen, Entwicklung der Psychopathologie und Behandlung erläutert. Sehr hilfreich sind auch die jeweils im Anschluß daran folgenden Falldarstellungen, die es dem Leser erleichtern, das diagnostische Vorgehen der Autoren an konkreten Beispielen nachzuvollziehen (oder auch nicht). Das letzte Kapitel ist speziellen Problemen und Forschungsperspektiven gewidmet, daran anschließend findet sich ein ausführliches Literaturverzeichnis.
Auch wenn einem psychodynamisch-analytisch weniger vorgebildeten Leser so manche der verwendeten Termini Schwierigkeiten bereiten dürften und auch einige diagnostische Zuordnungen dem Fachmann vielleicht fragwürdig erscheinen mögen: Das vorliegende Werk sollte im Bücherregal eines jeden mit Kindern und Jugendlichen befaßten Arztes oder Therapeuten nicht fehlen. Darüber hinaus kann es z. B. Erwachsenentherapeuten zu einem vertieften Verständnis des Erscheinungsbildes von Persönlichkeitsstörungen bei adulten Patienten verhelfen. Last but not least erhält jeder, der sich der Forschung auf dem Gebiet der Persönlichkeitsstörungen widmet, einen ausgezeichneten Überblick zu diesem Thema. Aus diesem Grund erfolgte wahrscheinlich auch die ungemein rasche Übersetzung ins Deutsche. Insgesamt also ein sehr zu empfehlendes Buch zu einem akzeptablen Preis, welches das erste Standardwerk zum Thema Persönlichkeitsstörungen im Kindes- und Jugendalter werden könnte.