Schach
Die Welt auf 64 Feldern

Schach ist „ein Kampf zweier gleichstarker Figurenheere“, wie es der deutsche Schachmeister Wolfgang Unzicker einmal ausdrückte. Mit dem Buchtitel Schach, die Welt auf 64 Feldern wählt Christian Mann, Althistoriker an der Universität Mannheim und Internationaler Meister im Schach, eine weniger martialische Einleitung.

Der Beck-Wissen-Band startet mit Schach auf höchster Ebene: Ausschnitte zweier Weltmeisterschaftduelle werden mit Kurznotationen und Schachdiagrammen vorgestellt (S. 7-12). Schach ist „ein endliches Zwei-Personen-Nullsummenspiel mit perfekter Information ohne Zufallseinfluss“ (S. 12) und trotz innerer Komplexität einfach zu erlernen und sowohl Wissenschaft als auch Freizeitvergnügen.

Ursprünge und Verbreitung des Schachspiels werden knapp umrissen, Mann schreibt mehr eine Geschichte der Weltmeister (S. 20-48). Steinitz, Lasker und Capablanca, die ersten Größen der Neuzeit, die heute noch fleißigen Schacheleven geläufig sind, gingen der sowjetischen Ära voraus, die bis zu ihrem Ende insgesamt acht verschiedene Weltmeister hervorbrachte. Schach wurde zum Politikum im Kalten Krieg. Die Übermacht des Ostens ließ gar „epische Duelle der drei großen 'K': Karpow, Kortschnoi, Kasparow“ entstehen (S. 39-44). In der Schachwelt des 21. Jahrhunderts dominieren jedoch zunehmend China und Indien.

Als Sportart zwar anerkannt, fehlt Schach dennoch „die sichtbare Aktion, gerade wenn ein Spieler eine halbe Stunde lang über eine wichtige strategische Entscheidung nachdenkt“ (S. 59). Staatlich kaum alimentiert, ist daher der Kampf mittels Holzbrett und Spielsteinen für Fernsehen und Werbeindustrie uninteressant: „Schach ist vom Mäzenatentum abhängig“ (S. 59). Geringe Aufmerksamkeit muss das königliche Spiel dennoch nicht fürchten. Geschichten und Anekdoten rund um „Lebensunfähige Genies und zynische Meisterdenker“ am Spielbrett waren stets willkommenes Thema in Literatur, Film und Kunst (S. 89-97). Ebenso haben Wissenschaftszweige wie Mathematik, Wirtschaftswissenschaften und Psychologie das Faszinosum Schach längst für sich entdeckt (S. 84-88) – von der Computertechnik gar nicht zu reden.

Christian Mann gelingt es meisterlich, die Welt des Schachspiels verkürzt, aber doch treffend zu erzählen. Ein Anhang mit Schachspielregeln und Glossar rundet den Band sinnvoll ab (S. 111-122). Abbildungen größerer Schachdiagramme, um Gangarten der Spielfiguren zu verdeutlichen, schränken den Textraum auf den letzten Seiten leider etwas ein.