Fake News machen Geschichte
Gerüchte und Falschmeldungen im 20. und 21. Jahrhundert

Vor allem mit dem Amtsantritt von Donald Trump in den USA wurden ‚Fake News‘ und ‚Alternative Facts‘ zu einem viel diskutierten Thema. Je mehr ‚Fake News‘ im Umlauf sind, desto mehr wächst das Verlangen danach, sie entlarven zu können und sich vor ihnen zu schützen. Das nahmen die beiden Autoren Keil (seit 2001 Redakteur im Ressort Innenpolitik der Mediengruppe WELTN24) und Kellerhof (seit 2003 Leitender Redakteur der Mediengruppe WELTN24 und für die Zeit- und Kulturgeschichte verantwortlich) zum Anlass, sich verschiedene ‚Fake News‘ seit 1933 genauer anzuschauen, und zu untersuchen, auf welche Weise sie den Lauf der Geschichte beeinflusst haben. Dass ‚Fake News‘ kein neues Phänomen sind, wird durch den historischen Querschnitt verdeutlicht.

Ausgehend von einer begrifflichen Annäherung an das Phänomen „Gerücht“ wird im Vorwort zunächst eine für das Buch gültige Definition entwickelt: „In diesem Buch verstehen wir unter ‚Gerücht‘ und ‚Fake News‘ sachlich falsche Nachrichten über politische Zusammenhänge gleich welchen Ursprungs, die während eines politischen Prozesses aufkommen oder aufgebracht werden, die sich anonym verbreiten oder mindestens ohne Zutun ihres Urhebers weiterentwickeln, die in einer mehr oder weniger großen Gruppe von Menschen geglaubt werden und die zu einem politisch wichtigem Ereignis führen (S. 19).“

In den einzelnen Kapiteln betrachten die Autoren vor allem ‚Fake News‘, die wichtig für den Verlauf der deutschen Geschichte waren, angefangen im Jahr 1933 bis in die Gegenwart 2015. Beginnend mit einem Zitat der entsprechenden ‚Fake News‘ wird ihre Verbreitung, Rezeption und Wirkung auf das Gesamtgeschehen sowie die letztliche Richtigstellung der ‚Fake News‘ nachgezeichnet.

So stellen die Autoren etwa dar, wie durch das Gerücht um einen vermeintlichen Putschversuch von Kurt von Schleicher die Ernennung Adolf Hitlers zum Reichskanzler durch Paul von Hindenburg beschleunigt wurde; wie sich herausstellte war jedoch kein Putsch geplant. Gegen Kriegsende sorgte wieder eine ‚Fake News‘ in der internationalen Presse für Aufregung: Die Nationalsozialisten sollten eine Festung in den Alpen errichtet haben und dort massenweise Waffen und Munition gelagert haben, um sich zu verbarrikadieren. Auch die Kartoffelkäferplage im Jahr 1950, die Inhaftierung von RAF-Terroristen und deren angebliche Folter in den Jahren 1964 bis 1969, das Waldsterben in den 1980er Jahren sowie weitere bekannte politische Ereignisse finden Eingang in das Buch.

In den letzten Kapiteln des Buchs widmen sich die Autoren den ‚Fake News‘ in der Gegenwart, so sorgten 2015 unter anderem auch Gerüchte für eine verstärkte Zuwanderung nach Deutschland. In den Heimatländern der Geflüchteten, so erläutern die Autoren, verbreiteten sich sehr schnell Geschichten über ein privilegiertes Leben und scheinbaren Reichtum in Deutschland und Europa. Verschiedene Initiativen wurden gegründet, die diese falschen Annahmen bekämpfen sollten, und um die Menschen nicht weiter in die Hände von Schleppern zu treiben, die ihnen eine leichte Einreise und ein schillerndes Leben in Europa versprachen. Die in diesem Zusammenhang aufgeworfenen Fragen haben immer noch eine hohe Brisanz in der Politik. Hierbei geht es unter anderem um Fragen nach Asylverfahren, der Integration und dem Familiennachzug von Geflüchteten aus Kriegsgebieten.

Insgesamt stellen Keil und Kellerhof in ihrem Buch wichtige Ereignisse und den Einfluss der ‚Fake News‘ auf historische Geschehnisse sehr eindrucksvoll dar. Der Ausblick auf die Gegenwart, in der ‚Fake News‘ vor allem durch die verstärkte Nutzung von Sozialen Medien immer schneller verbreitet und hartnäckiger am Leben erhalten werden können, zeigt, dass dieses Phänomen in vielen Ländern zu politischen Zwecken genutzt wird und starke Auswirkungen haben kann. Das macht auch die Aktualität und Relevanz dieses Buches aus. Deswegen, so schließen die Autoren, müsse man aus der Vergangenheit lernen und ‚Fake News‘ weiter bekämpfen, auch wenn die neue Art der medialen Verbreitung von Gerüchten eine Herausforderung darstelle.