Deutsche Wortfeldetymologie in europäischem Kontext
Bd. 2., Der Mensch im Alltag

Aus dem von der Sächsischen Akademie der Wissenschaften geförderten Forschungsvorhaben „Deutsche Wortfeldetymologie in europäischen Kontext. Der Mensch in Natur und Kultur“ sind bisher drei Bände hervorgegangen, Band 1: „Der Mensch und sein Körper“ (2012), Band 2: „Der Mensch im Alltag“ (2013) und Band 3: „Mensch und Mitmensch“ (2015). Weitere Bände sind in Vorbereitung, so als Band 4: „Mensch und Recht“, Band 5: „Mensch und Religion und Ethik“, Band 6: „Mensch und Wirtschaft“, Band 7: „Mensch und Wissenschaft und Kunst“ sowie Band 8: „Mensch und neue Technologien“.

Die Kombination von „Etymologie“ und „Wortfeldern“ erweist sich als vielversprechendes Konzept zur Beschreibung des Wortschatzes der deutschen Sprache. Es geht dabei um die Bedeutungen und die Herkunft der Wörter und darum, wie sie sich seit den Anfängen der deutschen Sprache im Frühmittelalter bis in die Gegenwart verändert haben. Während aber die gängigen etymologischen Wörterbücher des Deutschen (Kluge/Seebold, Pfeifer, Duden-Herkunftswörterbuch) den Wortschatz in alphabetischer Anordnung präsentieren und die Wörter – trotz gelegentlicher Querverweise – nur jeweils für sich beschreiben, geht die „Wortfeldetymologie“ einen anderen, innovativen Weg. Die grammatischen und semantischen Veränderungen werden hier nämlich vor dem Hintergrund des Zusammenspiels aller Wörter dargestellt, die aus dem jeweils selben Lebensbereich stammen. Damit füllen die Bände zum einen eine empfindliche Lücke in der deutschen Wörterbuchlandschaft, denn neben den genannten etymologischen Handbüchern gibt es ein großes, mehrbändiges wissenschaftliches etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache bis heute nicht. Zum anderen geht das Konzept der Wortfeldetymologie über die Beschreibung der Entwicklung von Einzelwörtern weit hinaus. Die Verbindung von wortbezogener Etymologie und sachbezogener Wortfeldforschung ermöglicht ganz neue Einblicke in die Abläufe sprachlicher Veränderungen.

Ansätze zu einer solchen integralen Beschreibung des deutschen Wortschatzes finden sich wohl erstmals 1909 in der „Etymologie der neuhochdeutschen Sprache“ des Gießener Indogermanisten Hermann Hirt (2. Aufl. 1920), sie wurden aber zunächst nicht weiter verfolgt und werden auch in der Einleitung des 1. Bandes nicht erwähnt. Ansonsten bieten die Einleitungen und die Einzelbände selbst eine gute Einführung in die Forschungsgeschichte und in die Grundlagen der Wortschatzbeschreibung. Sie erläutern wie der Mensch sich selbst und seine kulturgeprägte Umwelt versprachlicht und wie Wortfelder die kognitive Struktur des Lexikon widerspiegeln. Gezeigt wird, wie die Etymologie Wörter, die heute nicht mehr durchsichtig sind, analysieren kann, nicht zuletzt zeigt sich dies an der Unterscheidung älterer Lehr- und Erbwörter.

Im Einzelnen erhält der erste Band Bezeichnungen für den menschlichen Körper; der zweite Band zentrale Substantive aus dem alltäglichen Leben und den Grundbedürfnissen des Menschen, also Bezeichnungen für Wohnen (Gebäude, Einrichtungsgegenstände), Essen und Trinken (Nahrungsmittel, Nahrungszubereitung, Kochgeräte) und Kleidung (inkl. Stoffe, Herstellung). In Band 3 werden die Geschichte der Bezeichnungen für „Mensch“ und „Mitmensch“ (sei es Freund oder Feind), seine Verwandtschaftsbezeichnungen, die Wörter für soziale Strukturen und für das Rechtssystem präsentiert. Gearbeitet wird mit „Frames“ und „prototypischen Merkmalen“, erkennbar ist der Versuch, dies auch einem breiteren Publikum verständlich darzustellen. Indem die deutsche Wortfeldetymologie zudem in einen europäischen Kontext gestellt wird, berücksichtigt sie alle Anforderungen, die man heute an die Beschreibung einzelsprachlicher Entwicklungen stellen kann.

Hinter den gedruckten Bänden steht eine Projektdatenbank (http://www.dwee.uni-jena.de/), in der das vollständige Untersuchungsmaterial aufbereitet wird. Die Bände selbst geben einen Überblick über die in der Datenbank festgehaltenen Einsichten und zeigen exemplarisch, welche Ergebnisse sich mit einem wortfeldbezogenen Ansatz erzielen lassen.
Der „Deutschen Wortfeldetymologie in europäischem Kontext“ ist eine große Verbreitung zu wünschen.