Römer im Schatten der Geschichte
Gladiatoren, Prostituierte, Soldaten: Männer und Frauen im Römischen Reich. Aus dem Englischen von Ute Spengler

Die römische Geschichtsschreibung war geprägt von der römischen Oberschicht. Denjenigen, die Geld, Macht und/ oder Ansehen besaßen. Der normale Bürger hingegen fristete ein Leben abseits davon. Für die Geschichtsschreibung spielten Gladiatoren, Prostituierte oder Soldaten, also alle Männer und Frauen die das Imperium Romanum bevölkerten, keine Rolle. Mit anderen Worten: sie lebten ein Leben im Schatten der Geschichte. Was wir heute als sog. Primärquellen bezeichnen, wurde für die Mächtigen des Imperiums geschrieben oder von ihnen selbst verfasst. Die übrigen Bevölkerungsschichten wurden dabei außen vor gelassen und ihr Denken und Tun ist für uns heute kaum bis gar nicht mehr greifbar.

Der Althistoriker Robert Knapp, der das Fach Alte Geschichte in Berkeley, University of California unterrichtet, wagt in seinem neuesten Werk den „Blick in den Schatten“ und schafft es eindrucksvoll, auch der „von der Geschichte vergessenen“ Bevölkerung des Römischen Reiches im 1. bis 3. Jahrhundert n. Chr. ein Gesicht zu verleihen.

Das Ziel dieses Werkes ist der Zugang zum Denken dieser Menschen. Welche Anschauungen und Erwartungen hatten sie? Welches waren ihre Ängste? Worauf hofften sie? Um diese Fragen klären zu können, mussten die wenigen erhaltenen Quellen und lückenhaften Zeugnisse sorgfältig genutzt und analysiert werden, was Knapp gelungen ist. Inschriften, Papyri, Dichtungen und Fabeln aus allen Teilen des Römischen Imperiums sowie christliche Quellen, aber auch Wahrsagerei und Magie, halfen Knapp bei seiner Recherche, zeigten ihm eine bis dahin im dunkeln liegende Welt und bildeten das Fundament dieses Buches. Dabei scheint es, dass dem Autor auch nicht das winzigste Detail zu unscheinbar oder banal erschien. „Meisterhaft erzählt, revidiert er dabei zahlreiche Urteile, die die Geschichtsschreibung bis heute etwa von Cicero oder Tacitus übernommen hat.“ [s. Klappentext]

Obwohl das Buch eher für einen anspruchsvollen Leserkreis mit einer gewissen Menge an Vorwissen geschrieben wurde, kann ich es auch Laien nur empfehlen. Das Werk bietet in neun Kapiteln jedem einen Einstieg in die Themengebiete: Männer, Frauen, Arme, Sklaven, Freigelassene, Soldaten, Prostituierte, Gladiatoren, sowie Banditen und Piraten. Darüber hinaus ist es spannend und unterhaltsam geschrieben.

So schafft es Knapp, die römische Unterschicht aus ihrem Schattendasein zu befreien und ins Licht der Geschichte zu zerren. Am Ende dieses Buches stellt der Leser fest, dass er nun das ein oder andere Detail mehr aus dem Leben dieser antiken Menschen kennt und vermutlich so schnell nicht mehr vergessen wird.