Der Umgang des Dritten Reiches mit den Feinden des Regimes

Der Widerstand gegen das NS-Regime gehörte zu einem der ersten Forschungsfelder der NS-Geschichte, das nach 1945 bearbeitet wurde, nicht zuletzt auch, um nach außen ein positives Deutschlandbild zu vermitteln und Traditionslinien für die noch junge und keineswegs gefestigte Nachkriegsdemokratie zu etablieren. Dem Widerstand um den 20. Juli gehörte von Beginn an das größte Interesse, aber weit entfernt von dem heute weitgehend herrschenden Konsens. Inzwischen kann die Forschung sich auf fundierte Arbeiten zu den Repressionsapparaten von Gestapo, SD und anderen aufbauen, die den Wirkungsgrad und die Grenzen dieser Behörden sehr genau ausgelotet haben. Trotz intensiver Forschung stellt sich heute aber, mehr vielleicht als damals, immer noch die Frage nach den Ursachen für die Faszination, die der Nationalsozialismus auf viele ausübte. Dem widmet sich der erste von drei thematischen Blöcken des vorliegenden Buches. Dieser legt die Grundlagen, denn erst durch eine Untersuchung dieser Frage wird eine Einordnung abweichenden und widerständigen Verhaltens möglich, wie Tilman Mayer zu Recht betont. Detlef Schmiechen-Ackermann unterstreicht dies, indem er die Bedeutung des Zusammenspiels von Terror und Konsens hervorhebt und schreibt, dass letztlich alle Diktatoren nicht nur abhängig sind von gläubigen Funktionären und funktionierenden staatlichen Machtmitteln, sondern in hohem Maße auch von der Konsensbereitschaft und der Zustimmung der breiten Masse.

Im zweiten Abschnitt des Bandes skizzieren die Autoren den Repressionsapparat des Regimes: Gestapo, Sicherheitsdienst und Polizei. Sie machen dabei die Konjunkturen des Gegnerbildes deutlich, die nicht in erster Linie von realen Gefahren für das Regime bestimmt waren, sondern von institutionellen Interessen und Kompetenzambitionen der verschiedenen Instanzen. Der Beitrag von Detlef Graf von Schwerin über die Polizei im NS-Staat aber kann hier in seiner Knappheit und nur partiellen Rezeption der Forschungsliteratur leider nichts Erhellendes beitragen.

Im letzten Abschnitt schließlich beleuchten die Autoren verschiedene Aspekte der Repressionen im Zuge des fehlgeschlagenen Attentats auf Hitler am 20. Juli 1944, die maßgeblich von der im Laufe des Krieges gewachsenen Furcht vor einer Wiederholung des Novembers 1918 (so wie die Nationalsozialisten ihn verstanden) geprägt waren und daher den Anschlag zu einer breit angelegten Verhaftungswelle und als Vorwand für eine weitere Entmachtung der Wehrmacht nutzten. Viel Neues vermögen die Beiträge hier nicht zu bieten, müssen sie auch nicht.
Der Band eignet sich als erster Zugang zur Widerstandsbekämpfung in der Endphase des NS-Regimes. Vor allem aber vermag er Impulse zu setzen für eine noch ausstehende enge Verknüpfung der lange etablierten (und zum Teil eingestaubten) Widerstandsforschung mit der noch jungen, bisweilen modisch daher kommenden Forschung zur Volksgemeinschaft und der nationalsozialistischen Zustimmungsdiktatur.