Archäologische Staatssammlung München
Glanzstücke des Museums

Der vorliegende Jubiläumsband entstand anlässlich des 125-jährigen Bestehens der prähistorischen und archäologischen Staatssammlung München. Das Buch ist in sieben Themenbereiche gegliedert, in denen herausragende Ausstellungsstücke chronologisch angeordnet vorgestellt werden. Den einzelnen Themenbereichen sind kurze, gut lesbare und interessant ausgerichtete Einleitungen vorangestellt. Der Leser kann durch den Aufbau des Bandes schnell eine Entwicklung der Kulturen, ihr innovatives Potenzial und ihre restaurative Tendenzen erkennen und vergleichen. Die jeweiligen Interessengebiete sind schnell erreichbar. Kurze Artikel zu jedem abgebildeten Objekt durchziehen den Band und setzten die Stücke in ihr kulturelles und zeitliches Umfeld. Gut verständlich und auf wenige Sätze beschränkt, werden dem Leser nötige Grundkenntnisse mitgegeben um zu verstehen, welche kulturelle Bedeutung die gefundenen Artefakte für die archäologische Forschung und zum Verständnis der Zeitstufe haben, der sie entstammen. Die Bildqualität ist durchweg ansprechend und die Verarbeitung des Buches vorbildlich. Zu den Glanzstücken gehören einerseits in Bayern aufgefundene Objekte, andererseits durch Ankauf oder Schenkung in die Staatssammlung gelangte Artefakte des mediterranen und vorderasiatischen Raumes wie beispielsweise die Bauinschrift des Königs Sin-iddinam von Larsa (altbabylonische Zeit, 1850-1843 v. Chr.) oder ein Ehevertrag um 1250 v. Chr.
Der erste Themenbereich des Bandes lautet Identität. Ausgehend vom Erscheinungsbild einzelner Individuen verschiedener Kulturen und Zeiten werden Epochen beleuchtet. Deutlich werden hierbei die archäologischen Schwachstellen und Grenzen der Interpretationen vergangener, vor allem schriftloser Kulturen. Deutlich macht der Katalog, wie schwer oder gar unmöglich es ist anhand der archäologischen Kontexte und Objekte eine vorgeschichtliche Gesellschaft sozial, ökonomisch und religiös gliedern zu wollen. Denn z. B. erst seit rund 40 Jahren beschäftigt sich die Forschung mit der Aufnahme und Interpretation einfacher Grabanlage der Hallstattzeit; zuvor lag das Augenmerk auf den großen und prunkvoll ausgestatteten 'Fürstengräbern'. Viele Forscher gingen lange von einem Herrschertum mit Untertanen aus, dem heutzutage die wissenschaftliche Grundlage fehlt.
Das zweite Oberthema beschäftigt sich mit Kommunikation. Die Materialien hierzu belegen weitreichende Handelskontakte und intensive Kontakte zu umliegenden Regionen.
Macht und Herrschaft stehen im Fokus des dritten Abschnitts. Waffenensembles und umfangreiche keltische Goldschätze sind Belege für die militärische und politische Potenz einzelner Gebiete dieser Zeit. Stellvertretend sei auf den Fundkomplex Großbissendorf, Landkreis Neumarkt in der Oberpfalz verwiesen, der in das 2. Jahrhundert v. Chr. datiert. Unter welchen Umständen der Hort in den Boden gelangte, ist ungewiss. Materialanalysen haben gezeigt, dass die Münzen teilweise aus böhmischen Regionen stammen und wohl durch Handel, Wegzoll oder Raub nach Bayern kamen.
Wirtschaft und Handel bilden den vierten Themenkomplex, dem wirtschaftliche Entwicklung, Arbeitsteilung und Handelsstrukturen zuzuordnen sind. Ein Beispiel für den entwickelten Handel stellen die Ösenringbarren aus Ilching, Gemeinde Kirchseeon im Landkreis Ebersberg aus der frühen Bronzezeit um 1800-1700 v. Chr. dar. Es handelt sich zwar um einen Depotfund, er legt jedoch nahe, dass genormte Ösenringbarren mit einem Gewicht von 175g als normiertes Tauschgut bzw. Zahlungsmittel dienten.
Hieran schließt sich das Kapitel Technologie an. Es umfasst die Entwicklung des Steinwerkzeugs, springt dann etwas unvermutet zu Wagenmodellen der anatolischen Bronzezeit und leitet zur Kunst vergangener Kulturen über. Intentionen zur Herstellung von 'Kunst' sind in der Archäologie immer umstritten und Thesen hierzu leicht angreifbar. Hier macht der Jubiläumsband keine Ausnahme.
Religion und Magie sind die Stichwörter zum sechsten Kapitel. Subsumiert werden hierunter mögliche Fruchtbarkeitsdarstellungen, Zeichnungen und Malereien. Ihre Abgrenzung zum Bereich Kunst ist schwer und vermutlich auch fließend.
Mit dem Einzug des Christentums in das bayerische Gebiet schließt dieses Buch. Seine reiche Bebilderung und übersichtliche Gestaltung machen es zu einem kurzweiligen Lesevergnügen, das einer interessierten Öffentlichkeit in allen Punkten gerecht wird.