Deportiert von den Nazis
Berlin - Lodz - Auschwitz - Stutthof - Dresden. Autobiografie

Ruth Tauber (in zweiter Ehe Alton) wurde im November 1941 mit ihrer Familie von Berlin ins Getto Litzmannstadt (Lodz) deportiert. Bereits im September 1945 hat sie einen Bericht über ihre Zeit im Getto, in Auschwitz und weiteren Lagern geschrieben. Der Bericht liegt im Archiv von Yad Vashem und wurde in der Forschung bereits genutzt. Eine von der Autorin Anfang der sechziger Jahre selbst erweiterte Fassung liegt nun publiziert vor.
Es ist ein großer Gewinn, dass dieser Bericht nun zugänglich ist. Man hätte ihm allerdings eine sorgfältigere Edition gewünscht. Nur auf dem Buchrücken finden sich einige weiterführende Informationen über die Herkunft des Berichts, diese sind '  grün auf grün gedruckt '  teilweise schlecht lesbar. Ein nicht namentlich gekennzeichneter 'Wissenschaftlicher Kommentar'  am Ende des Buches gibt einige allerdings knappe Informationen über die Berliner Transporte ins Getto Litzmannstadt und die Autorin. Es fehlen Hinweise darauf, wo das Original des Berichts liegt, wie mit diesem in der Edition umgegangen wurde (sind z.B. die Rechtschreibfehler der Originaltreue geschuldet?) Eine knappe historische Einführung über das Getto Litzmannstadt, die Bedingungen dort und seine Organisation hätte dem Buch sehr gut getan. Doch wird der Leser weitgehend allein gelassen mit diesem so starken Bericht. Zwar gibt es immer wieder Anmerkungen, in denen mal mehr, mal weniger Informationen zu Personen oder Lagern angegeben werden, doch erschließt sich deren System nicht so recht. So bekommt Mordechai Chaim Rumkowski, der als von den Deutschen eingesetzter Judenältester das Geschehen im Getto so sehr prägte, gerade einmal einen Einzeiler mit seinen Lebensdaten, der Passagierdampfer SS Slamat, der an einer Stelle im Bericht genannt wird, dagegen gleich zehn Zeilen. Das ist mehr, als der Leser über Auschwitz oder Stutthof erfährt.
Diese Kritik schmälert jedoch nicht die Bedeutung des Berichts selber. Detailliert und bewegend schildert Ruth Tauber ihre Erlebnisse, ihre Angst um Sohn (der sie einmal fragt: 'In welchem Ghetto warst Du denn als Kind, Mutti' , S. 46), Ehemann und Mutter. Nur der Sohn überlebt, wie sie ein Jahr nach Kriegsende erfährt, im November 1946 treffen sie sich endlich wieder. Nach der Auflösung des Gettos Litzmannstadt durchlebt Ruth Tauber zunächst noch eine Odyssee durch verschiedene Lager, überlebt die Bombardierung Dresdens und flieht schließlich mit einer Mitgefangenen von einem der berüchtigten Todesmärsche. In ihrem im März 1961 in den USA verfassten Nachwort schreibt sie, sie habe beschlossen, ihren Bericht von 1945, 'den ich als historisches Dokument betrachte, noch etwas ausführlicher abzufassen, und auch von dem Schicksal einiger meiner Mitgefangenen zu sprechen, denn ich glaube kaum, dass außer mir noch viele da sind, die von ihnen berichten können'  (S. 109). Der Bericht von Ruth Tauber ist in der Tat ein wichtiges historisches Dokument und trotz der geschilderten Mängel der Edition ist es dankenswert, dass ein kleiner und weitgehend unbekannter Verlag sich dazu entschlossen hat, ihn zu publizieren.