Der Mann hinter Adenauer
Hans Globkes Aufstieg vom NS-Juristen zur Grauen Eminenz der Bonner Republik

Die erste Biographie des Mannes, der als Kommentator der sogenannten Nürnberger Rassegesetze und Staatssekretär Adenauers nach 1945 bekannt geworden ist, ist aus den Recherchen zu einem Dokumentarfilm hervorgegangen und erhebt, wie Jürgen Bevers klarstellt, nicht den Anspruch darauf, eine wissenschaftliche Biographie zu sein. Solange der umfangreiche Nachlass Globkes, den die Adenauer-Stiftung verwahrt, für die Forschung nicht frei zugänglich ist, muss dies wohl für jede Studie über Globke gelten.
Das vorweg gesagt, nimmt sich Bevers denn auch die Freiheit, Kindheit, Jugend und Berufsanfänge des 1898 geborenen Globke in zwei, drei Sätzen abzuhaken. Erst ab der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten 1933 setzt die Darstellung richtig ein. So kann Bevers schwerlich plausibel Globkes Anpassungsprozesse an die neuen Machthaber aufzeigen. Wie schwerwiegend oder auch nicht der Schritt bis hin zu dem später berüchtigten Kommentator war, muss offen bleiben, wenn dem Leser vorenthalten wird, wer denn der Globke der Weimarer Republik war. Die Kontinuität über 1933 hinaus hätte mindestens genau die gleiche Aufmerksamkeit verdient wie die über 1945 hinaus, zumal letztere in der Regel im Vordergrund stand bei der Globke-Skandalisierung.
Konstanten in Globkes Leben waren ein tiefer Katholizismus ' er war von 1922 bis zur Auflösung 1933 Mitglied der Zentrumspartei ' sowie ein entschiedener Antikommunismus. Beides trug erheblich zu seiner Nachkriegskarriere eng an Adenauers Seite bei. Hinzu kam seine absolute Verschwiegenheit und effiziente Arbeitsweise, die Globke zu einer zentralen Figur im System Adenauer machte. Er war so wichtig für den 'Alten aus Rhöndorf', dass dieser ihn nie fallen ließ, trotz all der Vorwürfe.
Umstritten war und ist Globkes Rolle im NS-Staat. Hat er mitgemacht, um Schlimmeres zu verhüten ' wie viele für sich reklamierten? Spielte Globke tatsächlich für die Katholische Kirche und den Widerstand eine wichtige Rolle und versorgte diese mit Insiderinformationen? Bevers glaubt all das nicht, wofür es gute Gründe geben mag; neue Beweise oder Indizien aber bleibt er schuldig, wie es ihm insgesamt kaum gelingt, Neues zu einer der umstrittensten Personen der jungen Bundesrepublik beizutragen. Es bleibt abzuwarten, ob dies der in diesem Herbst bei Campus erscheinenden wissenschaftlichen Biographie von Erik Lommatzsch gelingen wird.