Ausgrenzung der Juden in der Tagespresse des Dritten Reiches (1933-1941)
Eine Dokumentation

Der Umgang mit NS-Propaganda und NS-Schriftgut ist durch das Zeitungsprojekt 'Zeitungszeugen' seit kurzem in aller Munde und sorgt für eine ' wohlkalkulierte ' Debatte. Im Unterschied zum vollständigen Reprint von NS-Zeitungen legt Wolfhard Buchholz eine Edition mit Textausschnitten aus Zeitungsartikeln ausgewählter Printmedien der Jahre 1933 bis 1941 vor, in denen die Ausgrenzung der Juden thematisiert wurde und ordnet sie nach sachsystematischen Zusammenhängen chronologisch an.

Buchholz hat vier Zeitungen für die Edition ausgewählt: die Norddeutsche Ausgabe des 'Völkischen Beobachters' als originäres NS-Presseorgan, die 'Frankfurter Zeitung' als überregionale Zeitung, die 'Düsseldorfer Nachrichten' als städtische Regionalzeitung und die 'Aller Zeitung' aus Gifhorn als ländliche Regionalzeitung. Durch diese Auswahl strebt er einen möglichst repräsentativen Querschnitt durch die Presselandschaft an.

Der Herausgeber wird mit seiner Herangehensweise leider nicht den Ansprüchen einer brauchbaren Edition gerecht. Zuvorderst verzichtet Buchholz auf eine ' wenigstens knappe ' Einführung in die einzelnen Themenbereiche, so dass der Leser seine Informationen hierzu ausschließlich aus der NS-Presse bezieht. Das wiegt umso schwerer als auf einen kritischen Kommentar zu den Textauszügen verzichtet wurde. Die Entscheidung, ob etwa Zahlenangaben zum Thema 'Juden und Kriminalität' in einem Artikel (S. 37f.) der Wahrheit entsprechen oder maßlos aufgebauscht worden sind, bleibt dem Leser überlassen. Hier, und an vielen anderen Stellen, wäre eine Hilfestellung des Herausgebers durch einen kritischen Kommentar zwingend notwendig gewesen.

Welchen Stellenwert die antijüdische Berichterstattung in den einzelnen Zeitungen einnahm, lässt sich auf Grundlage dieser Edition nicht nachvollziehen. Waren womöglich manche Meldungen in der 'Frankfurter Zeitung' auf den hinteren Seiten 'versteckt', während sie im 'Völkischen Beobachter' an prominenter Stelle platziert wurden? Wie verhält es sich mit dem gesamten Ausmaß antijüdischer Artikel und der Berichterstattung über die Ausgrenzung der Juden in der jeweiligen Zeitung? Berichtete der 'Völkischer Beobachter' signifikant häufiger als etwa die Provinzpresse? Durch einen genauen Beleg mit Seitenangabe und einleitenden Bemerkungen zu den einzelnen Zeitungen wäre dem Leser schon sehr geholfen gewesen.

So begrüßenswert das Unterfangen auch ist, dem heutigen Leser an den Quellen das Ausmaß antijüdischer Ausgrenzung und Propaganda vor Augen zu führen, es überwiegen doch die Mängel.