Weimar
Die überforderte Republik 1918-1933. Leistung und Versagen in Staat, Gesellschaft, Wirtschaft und Kultur

Neben Mauerfall, der Gründung der Bundesrepublik und der DDR und des deutschen Überfalls auf Polen lädt auch ein Jahrestag zur Rückschau auf die Weimarer Republik ein, deren Verfassung vor 90 Jahren verabschiedet wurde. Die Hamburger Historikerin Ursula Büttner, eine ausgewiesene Expertin dieser ersten deutschen Republik, hat nun in einer beeindruckenden Gesamtdarstellung die Geschichte der Jahre 1918 bis 1933 nach Hans Mommsen, Detlev Peuckert, Heinrich-August Winkler und anderen einer erneuten kritischen Revision unterzogen.
Büttner unternimmt den Versuch, in ihrer Darstellung die politikgeschichtlichen Grundzüge, auf denen der Schwerpunkt liegt, mit den Themen Kultur, Gesellschaft, Wirtschaft etc. zu verbinden. Mehrfach durchbricht sie die weitgehend chronologische Darstellung der Entwicklungslinien der Weimarer Republik mit vertiefenden Kapiteln und Analysen zu verschiedenen Themenbereichen wie etwa den Kirchen, den Juden, den Parteien u.v.m. Nachteil dieser Darstellungsstrategie sind jedoch ' bei diesem Weg kaum vermeidbare ' Redundanzen; mehrfach erfährt der Leser zum Beispiel vom Sturz eines Kabinetts und von dessen Ursachen. Diesen eher geringfügigen Mangel wiegen die Vorzüge dieser Gesamtdarstellung aber mehr als nur auf.
Nüchtern und sorgfältig abwägend schildert Büttner die Chancen, Herausforderungen und Gefährdungen der jungen Republik, ohne der jahrelang in der Forschung übermächtigen Versuchung zu erliegen, die Geschichte der Weimarer Republik 'von hinten' als Geschichte eines zwangsläufig und von Anfang an zum Scheitern verurteilten Unterfangens zu erzählen. Dementsprechend dominiert auch nicht die Schilderung der Agonie der Republik, vielmehr ist Büttners Gewichtung der einzelnen Phasen der Weimarer Republik in der Darstellung wohlausgewogen.
Wer künftig sich mit der Weimarer Republik beschäftigen möchte, ist gut beraten, an den Anfang die Lektüre von Büttners wohl rasch zum Standardwerk werdenden Buches zu stellen. Nicht zuletzt die zahlreichen Tabellen im Anhang und die umfassende und thematisch gegliederte Bibliographie verleihen dem Werk diesen Stellenwert. Überdies ist der Band über ein Orts- und Sachregister sowie ein Personenverzeichnis vorzüglich erschlossen.