Der Weg zur Hochsprache
Mittelhochdeutsch / Frühneuhochdeutsch. Eine Einführung

Obwohl inzwischen eine ganze Reihe von Einführungen in das Mittelhochdeutsche/Frühneuhochdeutsche erschienen sind, liegt mit dem vorliegenden Band von Otfried Ehrismann und Isabella Hardt ein Buch vor, das bewusst neue Wege bei der Aufbereitung des für Studierende nicht immer leicht zu erarbeitenden Stoffes einschlägt. Als Eröffnungsband der Reihe 'Deutschunterricht, Grundwissen Literatur', die sich an 'Studierende des Faches Deutsch für die verschiedenen Schulformen, Referendare und Multiplikatoren' wendet, hat er nicht nur die Aufgabe, Maßstab auch für die folgenden Bände zu sein, sondern zugleich dem angestrebten Ziel der Reihe, nicht nur Fachwissen sondern auch Kompetenzen zu vermitteln, in besonderem Maße zu entsprechen. Insofern verdient gerade der Umgang mit dem Stoff besondere Aufmerksamkeit.
Das stark didaktisierte und 'auf einfache und verständliche Weise' dargestellte Fachwissen soll es dem insgesamt doch recht heterogenen Adressatenkreis in unterschiedlichen Anwendungsbereichen ' Studierende in der Einführungsphase, Lehrpraxis, Selbststudium für Lehrende, Lehrerfortbildung ' ermöglichen, begleitend oder selbständig Wissen zu erwerben, anzuwenden und insgesamt den 'Transfer von der Theorie zur Praxis' zu sichern.
Diesem Ziel entsprechend wird jedem Kapitel eine Orientierung vorangestellt, die u. a. auf den Weg und das Ziel, die zu erwerbenden Kompetenzen und weitere zentrale Aspekte des Kapitels verweist. Besonderes Gewicht wird auf die Klärung der Terminologie gelegt, Aufgaben und deren Lösungen im Anhang ermöglichen die eigene Kontrolle des erworbenen Wissens.
Durchaus interessant ist die inhaltliche Schwerpunktsetzung. So werden außer den zu erwartenden lautlichen, morphologischen und syntaktischen Entwicklungen auch wichtige lexikalische und an ausgewählten Beispielen semantische Prozesse dargestellt. Dass dabei sehr verkürzte Darstellungen (Apokope, Synkope) neben sehr dichten Übersichten (so zu den Verben und Substantiven) stehen, ist wohl dem Gegenstand geschuldet. Die Beschreibung der Epochencharakteristik und des Wesens von Textkritik leiten die grammatischen Kapitel ein. Die exemplarische Darstellung des Wortes deutsch, der Anredebezeichnungen, von Frau, Weib und Minne sind eine interessante Bereicherung und verweisen in besonderer Weise auf die ausgewiesene Kenntnis der mittelalterlichen Kultur durch die Verfasser.
Insgesamt ist dem Band sein großes Bemühen um eine verständnissichernde Darstellung des Fachwissens durchgängig anzuerkennen. Hervorhebenswert ist der immer wieder hergestellte Bezug zu den Leittexten, der durch unterschiedlichste Hervorhebungen gekennzeichnet Leitfaden sowie die insgesamt rezipientenfreundliche sprachliche Gestaltung. Nicht zuletzt dürften zumindest einige der Aufgaben im besten Sinne des Wortes mit Freude gelöst werden.
Allerdings scheint gelegentlich doch in Bezug auf die Didaktisierung des Guten zu viel getan. So ist die große Schrift für Studierende bzw. Lehrende wohl nicht unbedingt nötig, ebenso dürfte erwartet werden, dass allgemeine (nicht linguistische) Begriffe auch einmal selbständig in einem Wörterbuch nachgeschlagen werden können und nicht zwingend durchgängig in den Fußnoten erklärt werden müssen. Inwieweit die z. T. recht lange Auflistung sich ähnelnder Kompetenzen wirklich den Wissenserwerb befördert, müsste wohl erst die Praxis erweisen. Stattdessen wären gerade mit Blick auf den Unterricht einige mehr Illustrationen dem Anliegen des Vorhabens durchaus dienlich gewesen.
Der im Anhang vorgeschlagene Seminarplan sowie die Auflistung sehr unterschiedlicher Themen als Anregungen für die Schule ergänzen den inhaltlichen Teil und zeigen die Breite möglicher Zugänge zur Sprachgeschichte.
Insgesamt stellt dieser Band eine durchaus empfehlenswerte Einführung in einen Teilbereich der deutschen Sprachgeschichte dar und bietet mit seinem didaktischen Ansatz eine Bereicherung und Hilfe für Schule, Studium und Weiterbildung.