Der 'gerechte Krieg'
Zur Geschichte einer aktuellen Denkfigur

Nicht erst in den letzten Jahren hat die Welt viele Kriege erlebt, die ' offen oder verklausuliert ' als 'gerechte Kriege' legitimiert wurden, sei es, wie jüngst, im Irak oder Afghanistan oder im Kosovo vor einigen Jahren. Es ist ein hochaktuelles Thema mit einer langen Geschichte, von Julius Cäsar über Wilhelm II. bis hin zu George W. Bush, wie einem der Blick auf das Buch nahe legt.
Der von Georg Kreis herausgegebene Band versammelt sieben Aufsätze, die aus einer interdisziplinären Vortragsreihe am Europainstitut der Universität Basel hervorgegangen sind. Acht Autoren aus den Bereichen Geschichte, Politikwissenschaft, Theologie oder Völker- und Staatsrecht führen aus ihren recht unterschiedlichen Blickwinkeln in das Thema ein. Leider ist es manchen Verfassern nicht gelungen, ihren Texten den Vortragscharakter zu nehmen, was diesen nicht zum Vorteil gereicht. Zudem verharren fast alle Aufsätze in ihrer jeweiligen Disziplin und sind kaum aufeinander bezogen, so dass Interdisziplinarität auch hier nur aus dem Nebeneinander verschiedener Disziplinen besteht.
Herausragend ist der Beitrag von Anne Peters und Simone Peter über die 'Lehren vom 'gerechten Krieg' aus völkerrechtlicher Sicht', der gut ein Viertel des gesamten Bandes umfasst. Die Autorinnen stellen eine Renaissance der Lehre vom 'gerechten Krieg' fest, mit der völkerrechtswidrige Interventionen kaschiert werden sollen. Sie spannen einen weiten historischen Bogen und zeichnen die Konjunkturen dieser Lehre nach, angefangen bei ihren Ursprüngen in der christlichen Moralphilosophie bis zum umfassenden Gewaltverbot in der Gründungscharta der Vereinten Nationen.
Schließlich diskutieren sie die Problematik aus völkerrechtlicher Sicht anhand einzelner Fallstudien über die bekanntesten Fällen von als 'gerecht' deklarierten Kriegen wie den beiden Irak-Kriegen 1990/91 und 2003, dem Kosovo 1999 oder der Intervention in Afghanistan 2001. Insbesondere die aktuelle Entwicklung lässt sie zu dem Schluss kommen, dass die positive Rechtsordnung in die Gefahr gerät, unterminiert zu werden, wenn die Berufung auf eine höhere Moralität entscheidendes Gewicht erhält. Gleichwohl muss das Recht sich veränderten Wertmaßstäben anpassen, um nicht seine allgemeine Akzeptanz zu verlieren. Es bleibt ein Balanceakt ' auch im Völkerrecht, wo es abzuwägen gilt zwischen Menschenrechten und staatlicher Souveränität. Militärische Interventionen im Namen der Menschenrechte, etwa zur Abwendung oder dem Stopp eines Genozids, könnten gerechtfertigt sein. Wichtige Voraussetzung wäre aber die Garantie einer Nachhaltigkeit, das heißt die Gewährleistung einer stabilen inneren Ordnung. Wie wichtig und schwierig gerade dieser Punkt ist, dokumentieren Tag für Tag die Nachrichten aus dem Irak.
Der Band beleuchtet ein aktuelles, aber keinesfalls neues Phänomen aus verschiedenen Blickwinkeln und vermittelt tiefe Einblicke in die Lehre vom 'gerechten Krieg' weit über den Tag hinaus.