Dies sind meine letzten Worte ...
Briefe aus der Shoah

'Der arische Schreiber wird Euch nur die trockenen Fakten vermitteln. Ist denn zu verstehen, dass ein Mensch in einer Prozession zu seiner Beerdigung geht, man ihn vor dem Grab auffordert, sich zu entkleiden, weil es den Mördern um die Kleidungsstücke Leid tut. Das kann man doch nicht glauben! Und doch ist es so.' Dies schrieb Manek Fohorlis, der wenig später die Polizisten, die ihn aus einem Bunker holen wollten, erschoss, danach seine Familie und dannn sich selbst, in einem Brief an 'Meine Geliebten und meine Lieben' (S. 295).
Es sind bewegende Briefe, die hier versammelt sind, Briefe die Juden im Angesicht ihres unmittelbar bevorstehenden Todes oder zumindest ihrer Deportation ins Ungewisse geschrieben haben. Sie wollten unbedingt noch schreiben, wollten ein Zeugnis hinterlassen für ihre Liebsten, für die Nachwelt. Diese sehr persönlichen Dokumente stammen aus verschiedenen Archiven vor allem in Israel, in den USA, aus privaten Quellen, und einige waren bereits publiziert. Walter Zwi Bacharach, Direktor des Leo Baeck Instituts in Jerusalem, hat die Briefe im Auftrag der Gedenkstätte herausgegeben und mit einer Einleitung versehen.
Die Briefe sind thematisch, nicht chronologisch sortiert, nähere Informationen zu den Briefen sowie der Fundort stehen nur in der Einleitung, leider nicht nochmals bei den Briefen selbst. Die Themenbereiche, denen die Briefe zugeordnet sind, benennt der Herausgeber: 'Zeugnis, das Gefühl des nahenden Endes, Verzweiflung und Hoffnung, Testamente und letzte Wünsche, Sorge um die Kinder, Rache, innere Konflikte, Akzeptanz, Glaube, Durchhalten und Selbstmord, Widerstand, Geheimsprache' (S. 14).
Ein namenlos bleibender Verfasser schreibt am 31. Juli 1943 an 'Meine Liebe': 'Ich bin auf diesen meinen letzten Weg vorbereitet. Ich habe keine Schulden und keine Verpflichtungen, ich habe gar nichts, und ich werde nichts hinterlassen ' nur ein bisschen Brandgeruch' (S. 103). Die zehnjährige Jutta schreibt an ihren Vater: 'Ich verabschiede mich von Dir, bevor ich sterbe. Wir möchten so gerne leben, aber was können wir tun ' man lässt uns nicht. Ich habe solche Angst vor dem Tod, denn kleine Kinder werden lebend in die Grube geworfen. Ich verabschiede mich von Euch auf immer. Ich küsse Euch ganz, ganz fest.' (S. 109).
Der Herausgeber betont in seiner Einleitung, daß es nicht das Ziel dieser Edition sei, die Forschung voranzutreiben. Die Edition der Briefe soll zeigen, was die Shoah für den einzelnen Menschen bedeutete ' und dies gelingt, wie die Zitate zeigen sollten, in bewegender Art und Weise.